09.09.2010 Wirtschaftsrecht

OGH: Zum Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gem § 5 KartG iZm Zugangsverweigerung

Nach der "essential facility doctrine" kann ein marktbeherrschendes Unternehmen dazu verpflichtet sein, seine Anlagen und Einrichtungen für Wettbewerber zu öffnen, wenn der Mitbewerber ohne Nutzung dieser Anlagen nicht in der Lage wäre, auf dem Markt in Erscheinung zu treten; die Zugangsverweigerung ist aber nur dann missbräuchlich, wenn dieses Verhalten dazu geeignet ist, jeglichen Wettbewerb auf dem sachlich relevanten Markt auszuschalten, und wenn dies nicht gerechtfertigt ist


Schlagworte: Kartellrecht, Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung, Zugangsverweigerung
Gesetze:

§ 5 KartG

GZ 4 Ob 191/09f, 13.07.2010

OGH: Zum Vorwurf des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung durch die Beklagte ist auszuführen: Nach der "essential facility doctrine" kann ein marktbeherrschendes Unternehmen dazu verpflichtet sein, seine Anlagen und Einrichtungen für Wettbewerber zu öffnen, wenn der Mitbewerber ohne Nutzung dieser Anlagen nicht in der Lage wäre, auf dem Markt in Erscheinung zu treten. Die Zugangsverweigerung ist aber nur dann missbräuchlich, wenn dieses Verhalten dazu geeignet ist, jeglichen Wettbewerb auf dem sachlich relevanten Markt auszuschalten, und wenn dies nicht gerechtfertigt ist.

Der EuGH bejahte im Fall Magill den Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch Verweigerung der Zurverfügungstellung von wöchentlichen Vorschauen über Fernsehprogramme an einen Verlag durch Fernsehanstalten, die selbst Programmzeitschriften veröffentlichten, mit der Begründung, dass durch dieses Verhalten das Angebot eines neuen Produkts verhindert werde, nach dem potentielle Nachfrage bestehe und dadurch jeder Wettbewerb auf diesem Markt ausgeschlossen werde.

Im vorliegenden Fall kann von einem Ausschalten des sachlich relevanten Markts der betreiberübergreifenden Telefonverzeichnisse nicht die Rede sein, weil es der Klägerin frei steht, von sämtlichen Telefondienstanbietern deren Teilnehmerdaten zu kostenorientierten Preisen zu erlangen (§ 18 Abs 1 Z 4 TKG), um sodann selbst ein betreiberübergreifendes Verzeichnis zu erstellen. Das Verhalten der Beklagten verhinderte somit nicht das Angebot eines neuen Produkts, nach dem potentielle Nachfrage besteht.