07.10.2010 Wirtschaftsrecht

OGH: Zur Frage, ob eine GmbH als Mieterin eines Bestandobjekts gegen die Mietzinsklage ihres ehemaligen geschäftsführenden Mehrheitsgesellschafters als Vermieter den Anspruch auf Einlagenrückgewähr gem § 82 Abs 1, § 83 Abs 1 GmbHG als Mietzinsminderungsanspruch einwenden kann

Ein Verstoß gegen § 82 GmbHG zieht Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts nach sich; es hängt vom hypothetischen Parteiwillen ab, ob der Vertrag teilweise aufrecht bleibt oder nicht; der Geltendmachung von aus einem Verstoß gegen § 82 GmbHG resultierenden Ansprüchen im Wege der Aufrechnung bedarf es nicht; vielmehr mindert der Verstoß gegen § 82 GmbHG gegebenenfalls bereits den Anspruch des Klägers


Schlagworte: Gesellschaftsrecht, verdeckte Einlagenrückgewähr / Gewinnausschüttung, Mietrecht, unangemessen hoher Mietzins, Mietzinsklage, Mietzinsminderungsanspruch
Gesetze:

§ 82 Abs 1 GmbHG, § 83 Abs 1 GmbHG, §§ 1090 ff ABGB

GZ 6 Ob 132/10w, 01.09.2010

OGH: Die Kapitalerhaltungsvorschriften sollen nach ihrem Sinn und Zweck jede unmittelbare oder mittelbare Leistung an einen Gesellschafter erfassen, der keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht und die wirtschaftlich das Vermögen der Gesellschaft verringert.

Demnach verstoßen schuldrechtliche Austauschbeziehungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter, bei denen das von der Gesellschaft zugesagte Entgelt übermäßig hoch ist, gegen das Verbot des § 82 GmbHG. Der Zweck der Bestimmung gebietet es, den Kreis auch auf ehemalige Gesellschafter auszudehnen, sofern die Leistung im Hinblick auf die ehemalige Gesellschafterstellung erbracht wird.

Nach hRsp zieht ein Verstoß gegen § 82 GmbHG Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts nach sich. Zur in der Literatur unterschiedlich beantworteten Frage der Gesamt- oder Teilnichtigkeit hat der 7. Senat zuletzt in der Entscheidung 7 Ob 248/08h ausgesprochen, dass es vom hypothetischen Parteiwillen abhängt, ob der Vertrag teilweise aufrecht bleibt oder nicht.

Die aus einem Verstoß gegen § 82 GmbHG resultierende Nichtigkeit ist von Amts wegen wahrzunehmen, wenn Anzeichen für einen derartigen Verstoß vorliegen. Im Übrigen hat die beklagte Partei ohnedies ausdrücklich (Teil-)Nichtigkeit des Mietvertrags vom 5. 7. 2007 wegen Verletzung des Verbots der verdeckten Einlagenrückgewähr eingewendet.

Die Nichtigkeit wirkt ex tunc. Daher ist für die Beurteilung der Nichtigkeit des Mietvertrags auf den Abschlusszeitpunkt abzustellen. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags war der Kläger aber jedenfalls noch Gesellschafter der beklagten Partei. Daher ist iSd vorstehenden Ausführungen zu prüfen, ob ein unangemessener Mietzins und daher eine verbotene Einlagenrückgewähr vorlag. Falls diese Prüfung einen Verstoß gegen § 82 GmbHG ergibt, wäre der Mietvertrag im Umfang der Überschreitung des angemessenen Mietzinses teilnichtig. Damit würde es dem Kläger aber schon an einer Anspruchsgrundlage für die Einhebung der von ihm eingeforderten Mietzinse, soweit diese die Angemessenheitsgrenze überschreiten, fehlen.

Der spätere Wechsel von Gesellschaftern hat keinen Einfluss auf den zwischen dem Kläger und der beklagten Partei abgeschlossenen Mietvertrag (vgl auch § 12a Abs 3 MRG). Daher fehlt auch für den Einwand, nach dem Wechsel der Gesellschafter sei ein neuer Mietvertrag zustande gekommen, jede Grundlage. Für einen konkludenten Abschluss eines neuen Mietvertrags besteht nach den Feststellungen kein Raum. Auch eine Konvalidierung des seinerzeit nichtigen Mietvertrags wegen nachträglichen Verlusts der Gesellschafterstellung des Klägers kommt nicht in Betracht, zumal das Verbot der Einlagenrückgewähr auch ehemalige Gesellschafter erfasst, sofern die Leistung im Hinblick auf die ehemalige Gesellschafterstellung erbracht wird.

Der Geltendmachung von aus einem Verstoß gegen § 82 GmbHG resultierenden Ansprüchen im Wege der Aufrechnung bedarf es entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht. Vielmehr mindert der Verstoß gegen § 82 GmbHG gegebenenfalls bereits den Anspruch des Klägers. Daher steht das vertragliche Aufrechnungsverbot der Wahrnehmung der Kapitalerhaltungsgrundsätze des § 82 GmbHG im vorliegenden Fall nicht entgegen. Im Übrigen würde die Vereinbarung der Beschränkung der Aufrechnung allfälliger Rückforderungsansprüche wegen eines Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften gegen das Verbot des § 63 Abs 3 Satz 2 GmbHG verstoßen.