24.02.2011 Wirtschaftsrecht

OGH: Patronatserklärungen (iZm übernommenen Informationspflichten)

Der Grundsatz der Vertragsfreiheit gilt auch bei Rechtsgeschäften, die die Parteien als "Patronatserklärung" bezeichnen; der konkrete Inhalt der (allenfalls) bestehenden Informationsverpflichtung ist durch Auslegung zu ermitteln


Schlagworte: Gesellschaftsrecht, harte / weiche Patronatserklärung, Schadenersatzrecht, Informationspflichten
Gesetze:

§ 1346 ABGB, § 1347 ABGB, § 880a ABGB, §§ 1295 ff ABGB

GZ 4 Ob 151/10z, 18.01.2011

OGH: Der Begriff "Patronatserklärung" ist eine Sammelbezeichnung für eine Vielzahl von Erklärungen einer vom Kreditnehmer verschiedenen, zu diesem jedoch regelmäßig in einem Naheverhältnis stehenden Person, die der Kreditsicherung dienen und einen unterschiedlichen Inhalt haben können. Je nach ihrem Inhalt reichen sie von völliger Unverbindlichkeit über Verwendungszusagen bis zum Garantievertrag. Dabei werden in der Lehre harte und weiche Patronatserklärungen unterschieden.

Nur die erste dieser Kategorien hat klare Konturen. Sie ist durch die Übernahme der Verpflichtung gekennzeichnet, den Schuldner - idR eine Tochtergesellschaft - so auszustatten, dass er seine Schulden zurückzahlen kann. Hingegen können "weiche" Patronatserklärungen einerseits unverbindliche Äußerungen sein, die dem Empfänger nicht mehr als ein "warm feeling" verschaffen sollen, andererseits aber auch rechtlich verbindliche Handlungszusagen. Liegt eine Handlungspflicht vor, kann deren Verletzung Schadenersatzansprüche auslösen.

Im vorliegenden Fall haben die Beklagten ua eine Informationspflicht in Bezug auf Umstände (circumstances) bei der Kreditnehmerin übernommen. Eine solche Pflicht wird in wiederholt formulierten Beispiellisten für typische "weiche" Patronatserklärungen nicht genannt; soweit dort von "Informationspflichten" die Rede ist, beziehen sie sich auf Änderungen der in der Erklärung dargestellten Beteiligungsverhältnisse. Das schadet aber nicht, da der Grundsatz der Vertragsfreiheit selbstverständlich auch bei Rechtsgeschäften gilt, die die Parteien als "Patronatserklärung" bezeichnen. Der konkrete Inhalt der (allenfalls) bestehenden Verpflichtung ist - wie auch sonst - durch Auslegung zu ermitteln.