17.03.2011 Wirtschaftsrecht

OGH: Verwechslungsgefahr iSd § 10 Abs 1 Z 2 MSchG iZm Website und Links

Eine Markenverletzung setzt Handeln im geschäftlichen Verkehr voraus; diese Bedingung ist erfüllt, wenn das beanstandete Verhalten objektiv geeignet ist, den eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern und nicht eine andere Zielsetzung bei objektiver Betrachtung eindeutig überwiegt; die Verwendung eines unterscheidungskräftigen Begriffs in einem Internet-Link zu kommerziellen Angeboten des eigenen oder eines dritten Unternehmens ist in der Regel eine kennzeichenmäßige Nutzung dieses Begriffs; eine kennzeichenmäßige Benutzung liegt jedenfalls vor, wenn auf einer Website Waren oder Dienstleistungen angeboten werden


Schlagworte: Markenschutzrecht, Verwechslungsgefahr, kennzeichenmäßige Nutzung, Handeln im geschäftlichen Verkehr, Website, Link
Gesetze:

§ 10 Abs 1 Z 2 MSchG

GZ 17 Ob 19/10h, 16.02.2011

Die Klägerin ist Inhaberin der österreichischen Wortmarke "AMADÉ". Der Beklagte ist seit 1999 Inhaber der Internetdomain "amade.at" und betreibt darunter eine Website.

OGH: Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch nach § 10 Abs 1 MSchG (Art 5 Abs 1 MarkenRL) ist zunächst die Nutzung der Marke "im geschäftlichen Verkehr". Handeln im geschäftlichen Verkehr liegt vor, wenn eine Marke "iZm einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichteten kommerziellen Tätigkeit und nicht im privaten Bereich" genutzt wird. Dabei genügt die Nutzung zur Förderung fremden Wettbewerbs. Dies setzt voraus, dass das beanstandete Verhalten objektiv geeignet ist, die geschäftliche Tätigkeit eines Dritten zu fördern. Zusätzliche subjektive Elemente, insbesondere eine auf die Förderung fremden Wettbewerbs gerichtete Absicht, haben - wie jetzt auch im Lauterkeitsrecht - keine Grundlage im Gesetz und stünden zudem in einem Wertungswiderspruch zum verschuldensunabhängigen Charakter markenrechtlicher Unterlassungsansprüche. Das in diesem Zusammenhang befürchtete Ausufern des Lauterkeits- und Immaterialgüterrechts droht auch bei diesem weiten Begriffsverständnis nicht, da markenrechtliche Ansprüche ohnehin nur bei kennzeichenmäßiger Benutzung bestehen; daran fehlt es etwa - trotz der damit objektiv verbundenen Förderung des Wettbewerbs des Verkäufers - beim privaten Erwerb von unzulässig gekennzeichneter Ware. Darüber hinaus wird Handeln im geschäftlichen Verkehr trotz objektiver Eignung zur Förderung fremden Wettbewerbs dann nicht anzunehmen sein, wenn bei einem Verhalten im privaten Bereich andere Zielsetzungen bei objektiver Betrachtung eindeutig überwiegen.

Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht zwar festgestellt, dass der Beklagte die strittige Website "als Freizeitvergnügen" betreibe, ohne dafür ein Entgelt zu bekommen. Selbst wenn man annimmt, dass das Berufungsgericht diese Feststellung übernehmen wollte, steht damit aber nur fest, dass der Beklagte aus dem Betrieb der Website selbst keinen Gewinn erzielt. Wohl aber fördert er damit sowohl seinen eigenen als auch fremden Wettbewerb. Denn nach den Feststellungen führen einige der auf der Website zur Verfügung gestellten Links zu Internetauftritten mit geschäftlichem Inhalt, und zwar sowohl zu solchen des Beklagten selbst (golf.amade.at: Vertrieb einer "Golfcard" zum Preis von 60 EUR) als auch zu solchen gewerblich tätiger Dritter (fischen.amade.at: Vermittlung von Anglerhotels durch ein Reisebüro). Damit ist aber auch die Nutzung des Begriffs "amade" in diesen Links eine geschäftliche Handlung, dient sie doch der Förderung der wirtschaftlichen Tätigkeit des Beklagten und von Dritten. Gleiches gilt für die Nutzung des Begriffs "amade" in der Domain der strittigen Website selbst. Denn auch damit macht der Beklagte - mittelbar über die Links - eigene und fremde geschäftliche Angebote für die Öffentlichkeit zugänglich. Dass ein anderer Zweck eindeutig im Vordergrund gestanden wäre, lässt sich dem festgestellten Sachverhalt nicht entnehmen.

Im konkreten Fall nutzte der Beklagte den Begriff "amade" zur Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen. Diese Nutzung erfolgte zunächst durch die Verwendung dieses Begriffs in den Links auf seiner Website. Denn deren konkrete Gestaltung (zB golf.amade.at) erweckte den Eindruck, dass die auf den verlinkten Seiten enthaltenen Angebote in einem Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit jenes Unternehmens stünden, das über das - als solches unterscheidungskräftige - Zeichen "amade" verfügt. Damit hatten die Links eine kennzeichnende Funktion, die bei Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit das insofern ausschließliche Recht der Klägerin aus der Marke "AMADÉ" beeinträchtigen konnte. Nur zu Klarstellung ist festzuhalten, dass es in diesem Zusammenhang nicht (allgemein) um die Haftung des Linksetzers für Inhalte auf verlinkten Websites geht; entscheidend ist vielmehr der Umstand, dass das fremde Kennzeichen bereits im Link aufscheint.

Kennzeichnende Funktion hatte auch die Domain amade.at selbst. Maßgebend für die Beurteilung, ob eine Marke durch Aufnahme in eine Domain iSd § 10a MSchG - also kennzeichenmäßig - benutzt wird, ist der Inhalt der Website. Eine kennzeichenmäßige Benutzung liegt jedenfalls vor, wenn dort Waren oder Dienstleistungen angeboten werden. Nicht anders ist der Fall zu beurteilen, wenn auf einer Website Links zu Angeboten in anderen Internetauftritten gesetzt werden. Denn auch in diesem Fall dient die Domain der Kennzeichnung eines Angebots von Waren oder Dienstleistungen, das - wenngleich mittelbar - über die unter der Domain betriebene Website erreicht werden kann.

Abgesehen von den Links zu kommerziellen Angeboten handelt der Beklagte bei der konkreten Gestaltung seiner Website nicht im geschäftlichen Verkehr. Damit sind markenrechtliche Ansprüche in diesem Bereich jedenfalls ausgeschlossen.