17.01.2008 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Mutterschutz und Entlassungserklärung

Nach gerichtlicher Genehmigung ist die Entlassung unverzüglich auszusprechen


Schlagworte: Entlassungsschutz, Schwangerschaft, gerichtliche Genehmigung zur Entlassung, Entlassungserklärung
Gesetze:

§ 12 Mutterschutzgesetz

GZ 9 ObA 102/06z, 22.10.2007

Die Klägerin war seit 13. 3. 2003 bei der Beklagten als Angestellte beschäftigt. Am 15. 6. 2004 teilte die Klägerin der Beklagten das Bestehen einer Schwangerschaft mit. Mit der am 7. 9. 2004 zu 34 Cga 160/04d des Arbeits- und Sozialgerichts Wien eingebrachten Klage begehrte die Arbeitgeberin die gerichtliche Zustimmung zur Entlassung der Klägerin. Mit Urteil vom 11. 11. 2004 wurde der Beklagten (dort Klägerin) die Zustimmung zur Entlassung der Klägerin (dort Beklagten) erteilt. Dieses Urteil wurde beiden Parteien am 6. 12. 2004 zugestellt und erwuchs daher am 3. 1. 2005 in Rechtskraft. Am 15. 12. 2004 hat die Klägerin ihre Tochter zur Welt gebracht. Mit Schreiben vom 4. 2. 2005 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie mangels Ausspruchs einer Entlassung von einem aufrechten Dienstverhältnis ausgehe und Karenzurlaub in Anspruch nehmen werde. Mit Schreiben vom 7. 2. 2005 sprach daraufhin die Beklagte "die fristlose Entlassung zum 10. 1. 2005, dem Zeitpunkt an dem das Urteil in Rechtskraft erwachsen ist" aus. Dieses Schreiben ging der Klägerin am 9. 2. 2005 zu.

OGH: Nach der zu § 120 Abs 1 ArbVG ergangenen Rechtsprechung ist das Urteil, mit dem die Zustimmung zu einer Entlassung eines Arbeitnehmers erteilt wird, eine Rechtsgestaltungsentscheidung, mit welcher dem Arbeitgeber der Ausspruch der Entlassung erst erlaubt wird. Das Urteil ist aber nicht gleichbedeutend mit der Lösungserklärung, diese hat der Arbeitgeber vielmehr nach der gerichtlichen Zustimmung unter Einhaltung der hiefür maßgebenden Vorschriften aus dem Beendigungsrecht vorzunehmen, um eine gültige Lösung zu bewirken. Dieser Grundsatz ist auch auf andere Bestandschutzregelungen, die die Zustimmung des Gerichts zu einer Entlassung vorsehen, anwendbar, insbesondere zu derjenigen nach § 12 Mutterschutzgesetz.

In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass nicht nur die Klage auf Zustimmung zur Entlassung unverzüglich einzubringen ist, sondern im Falle der (vorherigen) Zustimmung des Gerichts zur Entlassung auch diese vom Arbeitgeber ohne Verzug auszusprechen ist, um seiner Obliegenheit zur Unverzüglichkeit nachzukommen. § 12 Abs 6 APSG trifft - bei vergleichbarer Interessenlage - sogar die ausdrückliche Anordnung, dass eine Entlassung nur zulässig ist, wenn sie unverzüglich nach der Entscheidung des Gerichts ausgesprochen wurde. Der OGH hat schon im Falle der beabsichtigten Entlassung eines Betriebsrats ausgesprochen, dass der Arbeitgeber nach Zustellung der Gerichtsentscheidung, mit der die Zustimmung erteilt wird, unverzüglich die Entlassung auszusprechen hat. In Fortsetzung dieser Rechtsprechung ist die Unverzüglichkeit der Entlassungserklärung auch für den gleich gelagerten Fall der Entlassung einer Schwangeren zu fordern. Da diese Erklärung hier erst fünf Wochen nach Eintritt der Rechtskraft (!) des Urteils über die Zustimmung zur Entlassung ausgesprochen wurde, kann von einer Unverzüglichkeit derselben nicht mehr die Rede sein. Soweit die Beklagte darauf verweist, schon durch die Einbringung der Klage auf die Unzumutbarkeit einer weiteren Beschäftigung der Klägerin hingewiesen zu haben, übersieht sie, dass sie damit erst die Voraussetzung zur notwendigen Rechtsgestaltung durch das Gericht geschaffen hat. Das erforderliche unverzügliche Handeln nach Zustimmung durch das Gericht kann dadurch nicht ersetzt werden.