24.01.2008 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Besondere Feststellungsklage gem § 54 Abs 1 ASGG

Allgemeine Ausführungen


Schlagworte: Verfahrensrecht, besondere Feststellungsverfahren, feststellungsfähiges Rechtsverhältnis
Gesetze:

§ 54 Abs 1 ASGG, § 228 ZPO

GZ 8 ObA 18/07s, 11.10.2007

OGH: Gegenstand der besonderen Feststellungsklage gem § 54 Abs 1 ASGG ist eine auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens von Rechten oder Rechtsverhältnissen gerichtete Klage iSd § 228 ZPO. Voraussetzung des Feststellungsanspruches ist daher, dass der Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung eines näher bezeichneten Rechts oder Rechtsverhältnisses durch eine gerichtliche Entscheidung hat. Für die Klage nach § 54 Abs 1 ASGG genügt es nicht, dass mindestens drei Dienstnehmer betroffen sein könnten. Es muss vielmehr bei wenigstens drei Dienstnehmern ein unmittelbarer Anlass zur Klageführung gegeben sein.

Ein Rechtsverhältnis ist die bestimmte, durch den vorgetragenen Sachverhalt gegebene und konkretisierte rechtlich geregelte Beziehung von Personen untereinander oder von einer Person zu einem Gegenstand; ferner auch einzelne rechtliche Folgen einer solchen Rechtsbeziehung. Diesem Erfordernis entspricht ein Klagebegehren, das sich in der Behauptung erschöpft, näher bezeichnete gesetzliche Novellierungen des Pensionsrechtes seien insgesamt für sämtliche ÖBB-Bedienstete unanwendbar, weil sie verfassungswidrig seien, nicht.

Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis iSd § 228 ZPO liegt iZm in weiter Zukunft (in der Klage wird ausdrücklich vorgebracht, dass sich die verschlechternden Regelungen im Wesentlichen auf Mitarbeiter ab dem Geburtsdatum 1. 1. 1955 beziehen) möglicherweise entstehenden Pensionsansprüchen, die überdies je nach Pensionsantrittstatbestand variieren, nicht vor, weil nicht ein ganz konkret umschriebener Sachverhalt behauptet wird, der eine konkrete Rechtsfolge (Entstehung eines bestimmten oder zumindest bestimmbaren Pensionsanspruches) für einen bestimmten Personenkreis auslöst. Auch für das Feststellungsverfahren nach § 54 Abs 1 ASGG ist zu fordern, dass ein in Zukunft entstehender Pensionsanspruch nur dann als feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zu beurteilen ist, wenn eine Konkretisierung jener Sachverhaltselemente vorgenommen wird, die Grund und Höhe des behaupteten Anspruchs beurteilen lassen. So wurde bereits ausgesprochen, dass die Anwartschaft auf eine Pension nicht in der Form eines Leistungsurteils, sondern nur in der eines Feststellungsurteiles geltend gemacht werden kann, allerdings nur dann, wenn alle die Anwartschaft begründenden Tatsachen konkretisiert sind. Der begehrten generellen Feststellung, für sämtliche aktive ÖBB-Bedienstete seien bezüglich ihrer zukünftig möglicherweise entstehenden Pensionsansprüche bestimmte gesetzliche Regelungen nicht anwendbar, steht daher schon der Umstand der mangelnden Konkretisierung und Individualisierung des behaupteten Rechtsverhältnisses entgegen. Welche der als verfassungswidrig beanstandeten gesetzlichen Regelungen welche Pensionsansprüche welcher Dienstnehmer berühren, für die ein unmittelbarer Anlass zur Klageführung besteht und die somit "unmittelbar betroffen" iSd § 54 Abs 1 ASGG sind, bliebe auch bei einer Stattgebung des Feststellungsbegehrens völlig offen. Es fehlt daher auch der bei wenigstens drei Dienstnehmern vorauszusetzende unmittelbare Anlass zur Klageführung. In Wahrheit zielt somit das Begehren nicht auf die Feststellung eines in Zukunft entstehenden, bereits konkretisierten Pensionsanspruches schon jetzt unmittelbar betroffener zumindest dreier Dienstnehmer ab, sondern nur auf die Lösung der abstrakten Rechtsfrage, ob bestimmte gesetzliche Regelungen verfassungswidrig sind.