31.01.2008 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Neufeststellung der Rente bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse

Es ist nicht erforderlich, dass in allen Bereichen eine Besserung oder Änderung des Gesundheitszustandes eintritt


Schlagworte: Sozialversicherungsrecht, Neufeststellung der Rente, wesentliche Änderung der Verhältnisse, Krebserkrankung
Gesetze:

§ 183 ASVG

GZ 10 ObS 127/07k, 06.11.2007

OGH: Zunächst ist ganz allgemein darauf hinzuweisen, dass § 183 ASVG nach stRsp die Möglichkeit einer Neufeststellung der Versehrtenrente regelt und für diesen Bereich bezüglich der Entziehung eine Sonderbestimmung gegenüber der allgemeinen Regelung des § 99 ASVG darstellt. Danach hat die Neufeststellung (bzw Entziehung) der Versehrtenrente zu erfolgen, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung einer Rente maßgebend waren, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Der Leistungsentzug setzt daher (wie auch nach § 99 ASVG) eine entscheidende Änderung in den Verhältnissen voraus, wobei für den anzustellenden Vergleich die Verhältnisse im Zeitpunkt der Leistungszuerkennung mit den Verhältnissen im Zeitpunkt des Leistungsentzuges in Beziehung zu setzen sind. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse kann dabei ua in der Wiederherstellung oder Besserung des körperlichen oder geistigen Zustandes, auch im Abklingen akuter Symptome oder in der Gewährung oder Anpassung an den Leidenszustand liegen. Nicht gerechtfertigt ist ein Leistungsentzug, wenn nachträglich festgestellt wird, dass die Leistungsvoraussetzungen von vornherein gefehlt haben. Haben die objektiven Grundlagen für die Leistungszuerkennung keine wesentliche Änderung erfahren, so steht die Rechtskraft des Gewährungsbescheides der Entziehung entgegen. In Übereinstimmung mit den dargelegten Grundsätzen hat bereits das Berufungsgericht auf die zur vergleichbaren Problematik der Entziehung von Pensionsleistungen (§ 99 ASVG) im Anschluss an Krebserkrankungen ergangene Rechtsprechung des OGH verwiesen, wonach in einer jahrelangen Rezidivfreiheit hinsichtlich des Karzinoms und in einer positiven Änderung des Allgemeinzustandes eine wesentliche Besserung des körperlichen Zustandes und somit der objektiven Grundlagen der seinerzeitigen Leistungszuerkennung erblickt werden kann. Wenn daher das Berufungsgericht die jahrelange Rezidivfreiheit des Klägers sowie die Besserung seines (häufig auch durch psychische Komponenten bedingten) Allgemeinzustandes (geringere Schonungsbedürftigkeit) als eine wesentliche Besserung seines Gesundheitszustandes und somit der objektiven Grundlagen der seinerzeitigen Leistungszuerkennung beurteilte, bewegt sich diese Einschätzung durchaus im Rahmen der Judikatur des OGH in vergleichbaren Fällen. Es ist dabei auch ohne Bedeutung, dass die lungenfunktionsbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit gegenüber dem Zeitpunkt der Leistungszuerkennung unverändert geblieben ist und die Änderung des maßgebenden Gesamtzustandes daher nur auf eine Besserung im Allgemeinbefinden des Klägers zurückzuführen ist, da es nicht erforderlich ist, dass in allen Bereichen eine Besserung oder Änderung des Gesundheitszustandes eintritt.