06.03.2008 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Ausgleichszulage zu Pensionen aus der Pensionsversicherung

Kein Abzug für außergewöhnliche Belastungen


Schlagworte: Sozialrecht, Ausgleichszulage zu Pensionen aus der Pensionsversicherung
Gesetze:

§ 292 ASVG

GZ 10 ObS 140/07x, 27.11.2007

In seiner außerordentlichen Revision macht der Kläger als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass zur Frage, ob krankheitsbedingte Mehraufwendungen unter die "gesetzlich geregelten Abzüge" des § 292 Abs 3 ASVG fallen, keine einheitliche und gesicherte Rechtsprechung des OGH bestehe.

OGH: Der OGH ist in der ebenfalls einen Anspruch auf Ausgleichszulage betreffenden Entscheidung 10 ObS 421/01m ausführlich auf die Frage eingegangen, inwieweit steuerrechtliche Regeln auf das Sozialversicherungsrecht übertragen werden können. Dies wurde iSd stRsp - im Hinblick auf das Fehlen einer einheitlichen Begriffsbildung und die unterschiedlichen gesetzgeberischen Ziele - grundsätzlich verneint; allerdings schließe die Ablehnung einer generellen Rezeption des Steuerrechts nicht aus, im Einzelfall auftretende Zweifelsfragen unter Zuhilfenahme steuerrechtlicher Normen zu klären.

Nach den Gesetzesmaterialien der 29. ASVG-Novelle wird für die Berechnung des Nettoeinkommens nach § 292 Abs 3 ASVG die Absetzung von Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen nach dem Einkommensteuerrecht für unstatthaft gehalten, um eine zweifache Berücksichtigung (einerseits bei der Einkommensbesteuerung, andererseits bei der Ausgleichszulagenbemessung) zu vermeiden. Diesem Standpunkt sind das OLG Wien als seinerzeitiges Höchstgericht in Sozialrechtssachen (zur generellen Nichtabzugsfähigkeit von Sonderausgaben nach § 18 EStG) und der OGH in 10 ObS 321/88 und 10 ObS 101/93 zur Nichtabzugsfähigkeit von Sonderausgaben nach § 18 Abs 1 Z 4 EStG (Verluste früherer Wirtschaftsjahre) gefolgt, wobei das OLG Wien ausdrücklich ausgesprochen hat, dass es sich bei den Sonderausgaben um steuerliche Absetzbeträge, keinesfalls aber um "gesetzliche geregelte Abzüge" iSd § 292 Abs 3 ASVG handle. Die unterinstanzliche Judikatur hat diesen Standpunkt auch für außergewöhnliche Belastungen übernommen.

Ausgehend vom Zweck der Ausgleichszulage, dass dem Pensionsbezieher in pauschaler Weise ein Betrag zur Verfügung gestellt werden soll, mit dem ihm die Bestreitung eines angemessenen Lebensunterhalts ermöglicht wird, ist die "Summe der Einkünfte ... nach Ausgleich mit Verlusten" nach § 292 Abs 3 ASVG jener Betrag, der dem Pensionisten real zur Verfügung steht (10 ObS 35/87). Aus diesem Betrag tätigt er die Ausgaben für seinen Lebensunterhalt. In diesem Sinn ist der zur Verfügung stehende Betrag nicht schon vorweg um Ausgaben zu kürzen, die der Bestreitung der Lebensführung dienen, und zwar unabhängig davon, ob diese Ausgaben bei einer Person überdurchschnittlich hoch sind.

Hinsichtlich ihrer fehlenden Abzugsfähigkeit im Ausgleichszulagenrecht sind die allein steuerrechtlich relevanten Sonderausgaben (§ 18 EStG) und außergewöhnlichen Belastungen (§ 34 EStG) durchaus vergleichbar. Bei Sonderausgaben handelt es sich eigentlich um Ausgaben im Rahmen der Einkommensverwendung, oder - mit anderen Worten - Ausgaben, die der Sphäre der Lebensführung zugehören. Obwohl es sich um Kosten der Lebensführung handelt, sind sie ausnahmsweise steuerlich zu berücksichtigen. Auch bei den als außergewöhnliche Belastung nach § 34 EStG in Betracht kommenden Aufwendungen handelt es sich in der Regel bestimmungsgemäß um Kosten der Lebensführung. Die Ausführungen der Revision geben daher keinen Anlass, im Ausgleichszulagenrecht von der Nichtabzugsfähigkeit außergewöhnlicher Belastungen abzugehen.