27.03.2008 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Risikosportarten bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen sind nicht generell vom Unfallversicherungsschutz ausgenommen

Sportliche Betätigungen im Rahmen von Gemeinschaftsveranstaltungen stehen unter Versicherungsschutz, sofern sie den Zweck verfolgen, die Betriebsverbundenheit zu fördern


Schlagworte: Sozialrecht, Unfallversicherung, Dienstunfall, Betriebsausflug, Risikosport
Gesetze:

§ 175 ASVG, § 90 B-KUVG, §§ 88 ff B-KUVG

GZ 10 ObS 113/07a, 27.11.2007

Die Klägerin wurde im Zuge eines Betriebsausfluges bei einer Canyoning-Tour für Einsteiger verletzt. Die beklagte Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter lehnte jedoch die Anerkennung als Dienstunfall ab, da es sich im gegenständlichen Fall um eine besonders risikoreiche Sportart gehandelt habe, die vom Unfallversicherungsschutz aufgrund der Risikoerhöhung und der nicht unbeträchtlichen Gefahr nicht erfasst sei. Während das Erstgericht das Klagebegehren abwies, vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, dass bei Extrem- und Abenteuersportarten auf den Schwierigkeitsgrad abzustellen sei und aufgrund der Tatsache, dass sich die Mehrheit der Betriebsangehörigen dieser Tour angeschlossen hätten und rein persönliche Motive daher auszuschließen seien, der Versicherungsschutz gegeben sei.

OGH: Soweit ein Zusammenhang zu der ausgeübten Erwerbstätigkeit besteht, unterliegen auch betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen grundsätzlich dem Schutz der Unfallversicherung. Soweit dabei sportliche Betätigungen angeboten werden, ist für den Versicherungsschutz vorausgesetzt, dass diese den Zweck verfolgen, die Betriebsverbundenheit zu fördern, der Mehrheit der Belegschaft offen stehen und sich auch die Mehrheit daran beteiligt. Ein Arbeitsunfall ist hingegen dann nicht anzunehmen, wenn der Wettkampfcharakter oder das Erzielen von Spitzenleistungen im Vordergrund steht. Bei der Beurteilung der Frage, ob auch Risikosportarten, die im Rahmen von Betriebsausflügen angeboten werden, unter Versicherungsschutz stehen, ist auf die konkreten Umstände abzustellen, vor allem auf den gewählten Schwierigkeitsgrad. Bei einer Tour, die für Einsteiger angeboten wird, muss weder von einer besonderen körperlichen oder sportlichen Fitness oder Geschicklichkeit ausgegangen werden. Auch die Verpflichtung, eine Schutzausrüstung zu tragen, genügt für sich allein noch nicht, um auf eine besonders risikobehaftete und gefährliche Sportart zu schließen, die das übliche Risiko übersteigt und damit den Unfallversicherungsschutz ausschließen würde.