27.03.2008 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zur Frage der gerichtlichen Überprüfbarkeit der Auszahlung bescheidmäßig zuerkannter Sozialversicherungsleistungen

Soweit eine Sozialversicherungsleistung dem Grunde und der Höhe nach unstrittig ist, stellt die Überprüfung der Auszahlung bescheidmäßig zuerkannter Leistungen keine Sozialrechtssache dar


Schlagworte: Sozialrecht, Leistungssache, Zulässigkeit des Rechtsweges
Gesetze:

§ 65 Abs 1 Z 1 ASGG

GZ 10 ObS 124/07v, 27.11.2007

Dem Kläger wurde von der beklagten Pensionsversicherungsanstalt eine Invaliditätspension samt Ausgleichszulage zugesprochen. In einer gesonderten Beilage wurde dem Kläger mitgeteilt, dass von dem nachzuzahlenden Betrag die Ersatzforderung des Sozialamtes für die während des Prüfungsverfahrens bezogene Sozialhilfe einbehalten werde. Über die gegen diesen Bescheid erhobene Klage entschied das Erstgericht, dass die Verrechnung der Ersatzforderung des Sozialhilfeträgers zu dulden sei. Das Berufungsgericht hingegen sprach aus, dass keine Sozialrechtssache iSd § 65 Abs 1 Z 1 ASGG vorliege, da geprüft werden solle, an wen eine zuerkannte Leistung auszuzahlen sei.

OGH: Voraussetzung für eine Klage in Sozialrechtssachen ist, dass ein Bescheid des Sozialversicherungsträgers ergangen ist, d.h. es muss eine eindeutige Entscheidung oder Verfügung über die Feststellung oder Begründung von Rechtsverhältnissen vorliegen, auch wenn diese nicht als Bescheid bezeichnet ist. Wesentlich ist daher, ob die Erledigung inhaltlich eine Entscheidung über den Antrag des Versicherten darstellt. Mitteilungen und Verständigungen, die keine verbindliche Regelung für den Versicherten schaffen, sind daher nicht als Bescheid zu qualifizieren.

Soweit der Sozialversicherungsträger einen Teil der unstrittig zu erbringenden Versicherungsleistung direkt an den ersatzberechtigten Sozialhilfeträger auszahlt, liegt keine Leistungssache vor, die einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich wäre. Eine Aufrechnung findet in diesem Fall nicht statt. Soweit es jedoch um die Frage geht, ob eine Aufrechnung auf eine Versicherungsleistung, die vom Versicherungsträger zu erbringen ist, berechtigt ist, ist das Vorliegen einer Sozialrechtssache und damit die Zulässigkeit des Rechtsweges zu bejahen. Der sachliche Anwendungsbereich des § 65 Abs 1 Z 1 ASGG ist im Hinblick darauf, dass Bescheide der Versicherungsträger als Exekutionstitel gelten, eng auszulegen.