03.04.2008 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Unfallversicherung - Auswirkung einer Gesetzesänderung auf Dauerrechtsverhältnisse

Versicherungsfälle, die bereits vor Aufhebung eines Gesetzes eingetreten sind, werden ab der Änderung der Rechtslage nach dem dann gültigen Recht beurteilt, sofern sich nicht aufgrund von Übergangsbestimmungen oder dem Spruch des VfGH das Gegenteil ergibt


Schlagworte: Sozialrecht, Unfallversicherung, Arbeitsunfall, Betriebsrente, Nebenerwerbslandwirt
Gesetze:

§ 148i Abs 1 BSVG, § 149d Abs 1 Z 1 BSVG, § 307 Abs 1 BSVG, § 140 Abs 7 B-VG

GZ 10 ObS 135/07m, 18.12.2007

Der Kläger erlitt im Zuge seiner Tätigkeit als Nebenerwerbslandwirt einen Arbeitsunfall und begehrt nunmehr von der beklagten Sozialversicherungsanstalt der Bauern die Gewährung einer Betriebsrente mit der Begründung, die in § 148i Abs 1 BSVG genannte Wortfolge "geminderte Arbeitsfähigkeit bzw." sei als verfassungswidrig aufgehoben worden. Vom Erstgericht wurde ausgesprochen, dass entsprechend dem Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles der § 148i BSVG in der alten Fassung anzuwenden und die Klage daher abzuweisen sei. Demgegenüber vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, dass ab der Änderung der gegenständlichen Bestimmung diese in der gültigen Fassung anzuwenden sei, auch wenn der Versicherungsfall vor diesem Zeitpunkt eingetreten sei.

OGH: Grundsätzlich ist in jeder Lage des Verfahrens je nach Maßgabe der Übergangsbestimmungen auf eine allfällig eingetretene Gesetzesänderung Bedacht zu nehmen. Inwieweit ein wegen Verfassungswidrigkeit aufgehobenes Gesetz auf Tatbestände, die sich vor der Aufhebung verwirklicht haben, weiter anzuwenden ist, ergibt sich entweder aus den diesbezüglichen Übergangsregelungen oder aus dem Erkenntnis des VfGH. Die in § 140i Abs 1 BSVG idF der 22. BSVG-Novelle, BGBl I 1998/140, enthaltene Wortfolge "geminderte Arbeitsfähigkeit bzw." wurde vom VfGH als verfassungswidrig aufgehoben, ohne dass jedoch ausgesprochen wurde, ob die gegenständliche Bestimmung auf jene Versicherungsfälle, die vor diesem Zeitpunkt eingetreten sind, weiterhin anzuwenden ist oder nicht. Mangels gegenteiliger Übergangsbestimmungen ist die Gesetzesaufhebung daher wie eine Änderung der Rechtslage zu behandeln, dh der Anspruch ist bis zur Änderung der Rechtslage bzw Aufhebung des Gesetzes nach altem Recht zu beurteilen und ab diesem Zeitpunkt nach neuem Recht, da auch der VfGH in seinem Erkenntnis keine anderen Rechtsfolgen angeordnet hat. In der Bestimmung des § 148i Abs 1 BSVG wird nicht auf das Datum des Versicherungsfalles abgestellt, weshalb dessen Eintritt damit auch nicht relevant ist.