03.04.2008 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Einer Rechtsanwaltskammer kommt kein der Sozialversicherung vergleichbares Quotenvorrecht zu

Hinsichtlich der Legalzession ist jedoch eine Gesetzeslücke anzunehmen, die zugunsten der Rechtsanwaltskammern im Wege der Analogie zu schließen ist


Schlagworte: Legalzession, Quotenvorrecht, Verschuldensteilung, Analogie
Gesetze:

§ 1358 ABGB, § 67 VersVG, § 332 ASVG, § 1327 ABGB, § 7 Abs 2 EKHG, § 50 RAO, Satzung der Tiroler Rechtsanwaltskammer

GZ 2 Ob 205/07x, 15.11.2007

Das Begehren des gegenständlichen Verfahrens richtet sich unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens auf die Feststellung der Haftung für künftige Schäden aus jenem Verkehrsunfall, bei welchem der Gatte bzw der Vater der Kläger getötet wurde, sowie auf die Leistung bestimmter Geldbeträge. Strittig war neben der Verschuldensteilung zwischen den Unfallbeteiligten auch die Frage, ob eine Legalzession der Rechtsanwaltskammer analog zu § 332 ASVG und damit auch ein Quotenvorrecht anzunehmen seien.

OGH: Die Frage der Verschuldensteilung ist dahingehend zu lösen, dass auf das Gewicht des Verschuldens abzustellen ist. Dieses zeigt sich darin, wie groß und wahrscheinlich jene Gefahr, die durch das schuldhafte Verhalten bewirkt wurde, für die Verkehrssicherheit ist. Maßgeblich ist dabei auch, welche Bedeutung jenen Vorschriften, die den Straßenverkehr regeln und die verletzt wurden, im Allgemeinen und im konkreten Fall beizumessen ist. Eine Regelung hinsichtlich Legalzession und Quotenvorrecht findet sich weder in der Rechtsanwaltsordnung noch in der Satzung der Tiroler Rechtsanwaltskammer. Hinsichtlich der fehlenden Legalzession liegt dabei eine Gesetzeslücke vor, die analog zu § 1358 ABGB und § 67 VersVG zu schließen ist. Soweit daher eine Rechtsanwaltskammer Leistungen an die Hinterbliebenen erbringt, hat eine Vorteilsangleichung zu erfolgen und die Aktivlegitimation der anspruchsberechtigten Hinterbliebenen ist aufgrund der Legalzession zu verneinen. Ein den Sozialversicherungsträgern vergleichbares Quotenvorrecht kommt der Rechtsanwaltskammer jedoch nicht zu, da in diesem Fall keine Gesetzeslücke besteht. Entscheidend ist hier das Verhältnis zwischen Geschädigtem und dem Sozialversicherungsträger, eine Analogie zu § 332 ASVG scheidet daher aus. Die Legalzession hingegen verfolgt demgegenüber den Zweck, eine allfällige Entlastung des Schädigers zu vermeiden.