10.04.2008 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Dienstgeberhaftungsprivileg und Eingliederung des Betriebsangehörigen eines Unternehmers in den fremden Betrieb

Allgemeine Ausführungen


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Dienstgeberhaftungsprivileg, fremder Betrieb, Gefälligkeitsdienst
Gesetze:

§ 333 ASVG

GZ 2 Ob 48/07h, 17.12.2007

OGH: Nach stRsp ist in Fällen, in denen zwei Betriebsunternehmer als Vertragskontrahenten einander gegenüberstehen, die Haftung des einen Unternehmers bei Verletzung eines Betriebsangehörigen des anderen Unternehmers durch § 333 ASVG solange nicht ausgeschlossen, als jeder Unternehmer innerhalb der Sphäre seines eigenen Betriebes tätig bleibt. Zum Haftungsausschluss kann es dann kommen, wenn der Verletzte die Sphäre seines eigenen Betriebes verlässt und sich in den Aufgabenbereich des anderen Unternehmers, wenn auch nur kurzfristig, einordnet. Der Verletzte muss bei Verrichtung dieser Tätigkeit in den fremden Betrieb eingegliedert sein; ein Verhältnis persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit ist allerdings nicht erforderlich.

Der Eingliederung in den fremden Betrieb steht (ua) nicht entgegen, dass die Mithilfe nicht aufgrund einer Aufforderung des Unternehmers, sondern freiwillig und aus bloßer Gefälligkeit erfolgte. Wesentlich ist bei der Verrichtung des Gefälligkeitsdienstes nur, dass die Tätigkeit ihrer Art nach einer abhängigen Beschäftigung entspricht und dass sie nicht zum eigenen betrieblichen Aufgabenbereich des Verletzten gehört. Der Helfende ist in das (fremde) Unternehmen eingegliedert, wenn er mit ausdrücklichem oder stillschweigend zum Ausdruck kommendem oder nach Lage der Sache zu vermutendem Einverständnis des Unternehmers handelt und zumindest bereit ist, nach den den Arbeitsvorgang bestimmenden Weisungen des Unternehmers, in dessen Interesse (auch) die Tätigkeit ausgeübt wird, oder dessen Vertreters zu handeln. Auch derjenige kann also als eingegliedert angesehen werden, der unaufgefordert und ohne vorherige Absprache aus eigenem Entschluss helfend eingreift, wobei bereits seine Bereitschaft genügt, sich während seiner Tätigkeit im fremden Aufgabenbereich den Weisungen des fremden Unternehmers oder des von diesem bestellten Aufsehers zu unterwerfen. Ob nun nach diesen Grundsätzen von der Eingliederung in einen fremden Betrieb auszugehen ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des konkreten Einzelfalles.

Der Kläger, dessen Dienstgeber mit der Abholung des Aschecontainers beauftragt worden war, hat den Container unbeobachtet bestiegen und versucht, den "Aschegupf" mit einer Schaufel zu glätten, obwohl der Heizmeister der beklagten Partei das Angebot einer derartigen "Hilfeleistung" zuvor mit dem Hinweis abgelehnt hatte, dass das Glätten der Asche wie üblich mit einem firmeninternen Radlader bewerkstelligt werden wird.

Die "Hilfeleistung" des Klägers erfolgte somit weder im ausdrücklichen noch im stillschweigenden oder nach Lage der Sache zu vermutenden Einverständnis mit dem Heizmeister der beklagten Partei. Bei dieser Sachlage lässt die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, der Kläger sei in den Betrieb der beklagten Partei nicht eingegliedert gewesen, keine Fehlbeurteilung des vorliegenden Einzelfalles erkennen, die aus Gründen der Rechtssicherheit einer Korrektur durch den OGH bedarf. Bereits in der Entscheidung 7 Ob 280/99y wurde klargestellt, dass von einem sozialversicherungsrechtlich geschützten Gefälligkeitsdienst keine Rede sein kann, wenn sich der in der Folge durch den Unfall Verletzte gegen den ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen des fremden Unternehmers in einen von dessen Aufgabenbereich umfassten Arbeitsvorgang eingemischt hat.