10.04.2008 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zur Frage, inwieweit im Familienverband erbrachte Pflegeleistungen als mögliches Einkommen bei der Gewährung einer Ausgleichszulage zu berücksichtigen sind

Pflegeleistungen, die innerhalb der Familie erbracht werden, sind nicht nach Marktpreisen zu bewerten, da der Umstand zu berücksichtigen ist, dass diese Leistungen im familiären Umfeld erbracht werden; sie sind daher mit der Höhe des Pflegegeldes zu deckeln


Schlagworte: Sozialrecht, Berufsunfähigkeitspension, Pflegegeld, Ausgleichszulage, Nettoeinkommen, Unterhaltsanspruch, Verzicht
Gesetze:

§ 292 Abs 3 ASVG, § 294 Abs 1 lit c ASVG, § 66 EheG, § 94 ABGB

GZ 10 ObS 121/07b, 18.12.2007

Die Klägerin begehrt neben der von der beklagten Pensionsversicherungsanstalt zugebilligten Berufsunfähigkeitspension auch die Gewährung einer Ausgleichszulage in der gesetzlichen Höhe. Diese wird jedoch von der beklagten Partei mit der Begründung abgelehnt, dass der Klägerin gegenüber ihrem geschiedenen Ehegatten ein Unterhaltsanspruch zustehe, auf welchen in rechtsmissbräuchlicher Absicht verzichtet worden und dieser daher bei der Prüfung des Nettoeinkommens entsprechend zu berücksichtigen sei. Im Unterhaltsverfahren wurde jedoch festgestellt, dass der Klägerin, die den gemeinsamen behinderten Sohn pflegt, der Pflegegeld der Stufe 5 bezieht, kein Unterhaltsanspruch zustehe, da dieses Pflegegeld als erzielbares Eigeneinkommen der Klägerin für die erbrachten Pflegeleistungen zu werten sei.

OGH: Voraussetzung dafür, dass Einkünfte oder Unterhaltsansprüche im Hinblick auf die Prüfung eines Anspruchs auf Ausgleichszulage durch das Gericht berücksichtigt werden, ist die Erhebung eines entsprechenden Einwands durch den beklagten Versicherungsträger. Das Pflegegeld hat grundsätzlich den Zweck, dem Pflegebedürftigen in die Lage zu versetzen, sich die erforderlichen Pflegeleistungen selbst zu verschaffen. Werden die Pflegemaßnahmen von einem Familienangehörigen erbracht, darf jedoch diese Sozialleistung nicht insgesamt als fiktives Einkommen der betreuenden Person herangezogen werden, wenn es um deren Unterhaltsbemessung geht, da grundsätzlich dem Pflegebedürftigen obliegt, für welche Leistungen das Pflegegeld herangezogen werden soll. Dennoch muss allerdings auch insoweit darauf abgestellt werden, dass grundsätzlich die Möglichkeit besteht, dass die Pflegeleistung durch den Familienangehörigen mit Hilfe des Pflegegeldes zumindest teilweise finanziert werden könnte. Zu Gunsten des Unterhaltsverpflichteten muss daher berücksichtig werden, wofür das Pflegegeld im Einzelfall tatsächlich Verwendung findet.