26.06.2008 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zu den Auswirkungen eines Betriebsüberganges im Konkurs

Die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs 2 AVRAG ist auf die Veräußerung eines gesamten Unternehmens im Konkurs nicht anzuwenden


Schlagworte: Arbeitsverhältnis, Betriebsübergang, Konkurs, Rechtsmissbrauch
Gesetze:

§ 3 Abs 1 und Abs 2 AVRAG, RL 2001/23/EG

GZ 9 ObA 161/07b, 07.02.2008

Der Kläger begehrte die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis trotz eines Betriebsüberganges, der im Zuge des Konkurses seines vorherigen Arbeitgebers stattgefunden hatte, zur Beklagten aufrecht sei und stützte sein Begehren dabei auf die Bestimmung des § 3 Abs 1 AVRAG. Die im Abs 2 leg cit vorgesehene Ausnahme sei nicht anzuwenden, weil diese nur für unternehmensauflösende Konkursverfahren gelte. Dies sei aus einer richtlinienkonformen Auslegung und entsprechend teleologischer Reduktion abzuleiten. Die Vorinstanzen folgten dieser Rechtsansicht nicht, weil es andernfalls dem Unternehmer die Möglichkeit einer Umgehung des § 3 Abs 1 AVRAG bzw der Richtlinie eröffnen würde, weshalb der Konkursbegriff entsprechend einzuschränken ist.

OGH: Inwieweit die Ausnahmeregelung des § 3 Abs 2 AVRAG der Richtlinie entspricht ist in der österreichischen Lehre strittig. Der eindeutige Wortlaut dieser Bestimmung bietet jedenfalls keinen Spielraum für eine extensive Interpretation. Aus der Absicht des Gesetzgebers, der einer Unternehmensfortführung trotz Insolvenz den Vorrang einräumt, ist abzuleiten, dass diese Absicht nicht durch Einschränkung der Ausnahmeregelung auf unternehmenszerschlagende Insolvenzen wieder zunichte gemacht werden soll. Eine teleologische Reduktion im Hinblick auf § 3 Abs 2 AVRAG scheidet daher aus. Um zu verhindern, dass ein Insolvenzverfahren in missbräuchlicher Weise beansprucht wird, wurden in Entsprechung der Betriebsübergangsrichtlinie im österreichischen Recht Bestimmungen sowohl im Strafrecht als auch im Konkursrecht vorgesehen.