12.07.2008 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zur Zuständigkeit der Sozialversicherungsträger im Bereich des Pflegegeldes

Der rechtskräftige Bescheid eines anderen Sozialversicherungsträgers entfaltet keine Bindungswirkung gegenüber dem Unfallversicherungsträger, der den Aufwand für das Pflegegeld letztlich selbst zu tragen hat


Schlagworte: Sozialrecht, Pflegegeld, Zuständigkeit, Bindungswirkung, rechtliches Gehör
Gesetze:

§ 6 BPGG

GZ 10 ObS 33/08p, 22.04.2008

Dem Kläger wurde seitens des Unfallversicherungsträgers zu einer Versehrtenrente sowie durch den Pensionsversicherungsträger zu einer Invaliditätspension Pflegegeld zuerkannt. Während der Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt in Rechtskraft erwachsen ist, erhob der Kläger gegen den Bescheid der Unfallversicherungsanstalt Klage mit dem Begehren auf die Gewährung höheren Pflegegeldes sowie Zuspruch dieser Leistung auch über die im Bescheid vorgesehene Befristung hinaus. In Frage steht in der gegenständlichen Rechtssache der Wechsel der Leistungszuständigkeit zwischen Unfall- und Pensionsversicherungsträger sowie die Bindung an den rechtskräftigen Leistungsbescheid, da von der beklagten Partei deren grundsätzliche Leistungszuständigkeit nicht angezweifelt wird, jedoch die Höhe des zu leistenden Pflegegeldes durch den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt rechtskräftig festgelegt worden sei.

OGH: Der Anspruch auf Pflegegeld setzt voraus, dass eine Grundleistung mit Einkommensfunktion gewährt wird. Die Entscheidungs- und Leistungszuständigkeit richtet sich danach, welcher Sozialversicherungsträger für diese Grundleistung zuständig ist. Im Falle des Zusammentreffens mehrerer Ansprüche ist eine Rangfolge vorgesehen, die dem Unfallversicherungsträger eine prioritäre Zuständigkeit einräumt. Die Aufwendungen für das Pflegegeld werden dem Pensionsversicherungsträger durch den Bund ersetzt. Liegt die Ursache für den Pflegebedarf in einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit, hat der Unfallversicherungsträger den Aufwand zu tragen. Die Rechtsprechung des OGH, wonach bei Bestehen mehrfacher Ansprüche von demselben Versicherungsträger ein zweiter Bescheid erlassen wird, dieser dem ersten Bescheid vorgeht, gilt auch im Falle der Leistungszuständigkeit zweier verschiedener Versicherungsträger bei Zuspruch derselben Leistung für einen sich deckenden Zeitraum. Nachdem der Unfallversicherungsträger den Aufwand für das Pflegegeld selbst zu tragen hat, besteht keine Bindungswirkung an eine Entscheidung, die in einem anderen Verfahren ergangen ist, an welchem der Unfallversicherungsträger nicht beteiligt war und damit dessen rechtliches Gehör nicht gewahrt wurde.