21.08.2008 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zur Frage der analogen Anwendung des § 10 Abs 1 MSchG bei der In-Vitro-Fertilisation

Der Zeitraum zwischen Follikelpunktion und tatsächlicher Einpflanzung einer in-vitro-befruchteten Eizelle unterliegt keinem Kündigungsschutz


Schlagworte: Mutterschutzrecht, In-Vitro-Fertilisation, Kündigungsschutz
Gesetze:

§ 10 Abs 1 MSchG, Art 2 lit a EWG-RL 92/85/EWG (Mutterschutzrichtlinie)

GZ 8 ObA 27/08s, 16.06.2008

Während das Erstgericht dem Rechtsstandpunkt der Klägerin folgte, wonach der Kündigungsschutz auch dann gegeben sei, wenn im Fall einer künstlichen Befruchtung selbige bereits stattgefunden, aber die Embryonen noch nicht eingesetzt worden seien, wurde das Begehren, dass die Kündigung rechtsunwirksam sei, vom Berufungsgericht abgewiesen. Der Kündigungs- und Entlassungsschutz setze einen Eintritt einer Schwangerschaft voraus. Diese liege von der Empfängnis bis zum Eintritt der Geburt vor und könne nicht vom weiblichen Körper losgelöst werden. Die Möglichkeit, den Beginn der Schwangerschaft willkürlich zu bestimmen, schließe eine Analogie zu § 10 Abs 1 MSchG aus.

OGH: Die Frage, ob bereits ab der Befruchtung der Eizellen und noch bevor diese der Frau eingepflanzt werden, von einer Schwangerschaft auszugehen sei, wurde im Zuge eines diesbezüglichen Vorabentscheidungsverfahrens vom EuGH dahingehend beantwortet, dass bei einer In-Vitro-Fertilisation die einschlägigen Schutzbestimmungen noch nicht greifen, wenn zwar In-Vitro-befruchtete Eizellen vorhanden, aber noch nicht in den Uterus eingebracht worden sind. Der Begriff der Schwangerschaft gem § 10 Abs 1 MSchG entspricht damit dem Begriff der schwangeren Arbeitnehmerin der Mutterschutzrichtlinie.