05.03.2009 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zur Frage der Zulässigkeit der Vereinbarung einer Konventionalstrafe für den Fall des Beschäftigens verliehener Arbeitskräfte vor Ablauf von sechs Monaten nach Beendigung des Vertrags mit dem Überlasser

Eine Vereinbarung, nach der ein Beschäftiger dem Überlasser eine Konventionalstrafe zu zahlen hat, wenn er innerhalb einer gewissen Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses eines Dienstnehmers zum Überlasser vorher überlassene Arbeitnehmer beschäftigt, ist nach § 8 Abs 2 AÜG verboten und damit wegen Gesetzwidrigkeit gem § 879 Abs 1 ABGB unwirksam


Schlagworte: Arbeitskräfteüberlassungsrecht, Konventionalstrafe, AGB
Gesetze:

§ 8 AÜG, § 1336 ABGB, § 879 ABGB

GZ 1 Ob 225/08g, 25.11.2008

Die Klägerin stellte der Beklagten zwei Maurer im Wege der Arbeitskräfteüberlassung zur Verfügung. Punkt 17 der AGBs der Klägerin hat folgenden Wortlaut: "Der Auftraggeber verpflichtet sich, die überlassenen Arbeitskräfte weder selbst noch durch ein verbundenes Unternehmen entweder abzuwerben oder die verliehenen Arbeitskräfte vor Ablauf von sechs Monaten nach Beendigung des Vertrages mit [der Klägerin] im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen zu beschäftigen. Im Falle von Zuwiderhandlungen wird pro Arbeitnehmer eine Konventionalstrafe in der Höhe von 3.000 EUR vereinbart."

Nachdem die beiden Arbeitskräfte dem Geschäftsführer der Beklagten mitgeteilt hatten, dass ihre Dienstverhältnisse von der Klägerin aufgekündigt worden seien, stellte er sie bei der Beklagten ein.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten 6.000 EUR an Konventionalstrafe.

OGH: Die Frage der Zulässigkeit der Vereinbarung einer Konventionalstrafe für den Fall des Beschäftigens verliehener Arbeitskräfte vor Ablauf von sechs Monaten nach Beendigung des Vertrags mit dem Überlasser hat das Berufungsgericht im Einklang mit der in der arbeitsrechtlichen Lehre herrschenden Auffassung in unbedenklicher Weise verneint. Gem § 8 Abs 2 AÜG sind Vereinbarungen zwischen dem Überlasser und dem Beschäftiger, die der Umgehung gesetzlicher Bestimmungen zum Schutz der Arbeitskraft dienen, verboten. Die Gesetzesmaterialien führen dazu aus, dass von dem Verbot insbesondere Vereinbarungen erfasst werden sollen, welche der überlassenen Arbeitskraft den Abschluss eines Arbeitsvertrags für die Zeit nach der Beendigung der Überlassung erschweren oder unmöglich machen. Dort wird weiters darauf hingewiesen, dass nach der Judikatur des OGH zu § 879 ABGB verbotene Bedingungen als dem Vertrag nicht zugesetzt gelten.

Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin kann keine Rede davon sein, dass es durch die Vereinbarung einer Konventionalstrafe zwischen Überlasser und Beschäftiger zu keiner Behinderung oder Beeinträchtigung des Arbeitnehmers käme bzw dass dieser dadurch in seiner Erwerbstätigkeit "in keinster Weise" beschränkt wäre. Es kann vielmehr kein Zweifel daran bestehen, dass die Aussichten eines Arbeitnehmers, ein Dienstverhältnis zu einem neuen Arbeitgeber zu begründen, erheblich ungünstiger sind, wenn die Begründung eines solchen Arbeitsverhältnisses für den potentiellen neuen Arbeitgeber mit der Verpflichtung zur Leistung einer Konventionalstrafe verbunden wäre. Wäre eine solche Vereinbarung gültig, würde ein potentieller Arbeitgeber regelmäßig einen anderen - sonst gleichwertigen - Arbeitnehmer einstellen, mit dessen Beschäftigung keine weiteren finanziellen Nachteile verbunden wären.

Um die Bewegungsfreiheit des Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt nicht in bedenklicher Weise einzuschränken, sind gem § 11 Abs 2 Z 6 AÜG etwa Vereinbarungen verboten, die die überlassene Arbeitskraft für die Zeit nach dem Ende des Vertragsverhältnisses zum Überlasser, insbesondere etwa durch Konventionalstrafen, in ihrer Erwerbstätigkeit beschränken. Genau dieses verpönte Ziel verfolgt nun aber die hier zu beurteilende Klausel in den AGBs der Klägerin, weil diese ebenso - wenn auch nur indirekt - dazu führt, dass es der ursprünglich überlassenen Arbeitskraft schwerer fällt als sonstigen Arbeitsuchenden, einen Arbeitsplatz beim früheren Beschäftiger zu finden.