16.04.2009 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Analoge Anwendung des KautionsschutzG auf arbeitnehmerähnliche Personen

Gilt es, arbeitnehmerähnliche Personen davor zu bewahren, einem Druck ihres "Dienstgebers" ausgesetzt zu sein, der ihre freie Willensbildung bei der Bestellung von Kautionen (jedweder Art) beeinträchtigt, ist eine (analoge) Anwendung des Kautionsschutzgesetzes angezeigt


Schlagworte: Kautionsschutzrecht, analoge Anwendung auf arbeitnehmerähnliche Personen, freie Willensbildung bei der Bestellung von Kautionen muss durch Druck des "Dienstgebers" beeinträchtigt sein
Gesetze:

§§ 1 ff KautionsschutzG

GZ 7 Ob 190/08d, 11.02.2009

Die Kläger waren im Rahmen des Dienstleistungsunternehmens der Zweitbeklagten als Vermittler von Versicherungsverträgen tätig. Sie hatten sich in einem "Lizenzvertrag" zu einer abstrakten Bankgarantie verpflichtet, die der Sicherung eines Kredites dienen sollte, welchen der Drittbeklagte zugunsten der Zweitbeklagten bei der (über diese Konstruktion informierten) erstbeklagten Bank aufgenommen hatte.

OGH: Das KautionsschutzG ist eine Schutzvorschrift für Arbeitnehmer, deren Hauptzweck nach den Gesetzesmaterialien darin liegt, dem Missbrauch von Kautionen durch Verwendung im eigenen Geschäftsbetrieb des Dienstgebers vorzubeugen.

Nach herrschender Ansicht sind allerdings nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch arbeitnehmerähnliche Personen zu schützen. In stRsp wird das KautionsschutzG daher auch als Schutzvorschrift für arbeitnehmerähnliche Personen angesehen. Zwar bedeutet dies, wie der OGH in der Entscheidung 8 ObA 57/06z einschränkend ausgeführt hat, nicht, dass der Zweck des KautionsschutzG dessen gänzliche Anwendung auf sämtliche arbeitnehmerähnliche Personen gebietet. Gilt es aber, arbeitnehmerähnliche Personen davor zu bewahren, einem Druck ihres "Dienstgebers" ausgesetzt zu sein, der ihre freie Willensbildung bei der Bestellung von Kautionen (jedweder Art) beeinträchtigt, ist eine (analoge) Anwendung des Kautionsschutzgesetzes angezeigt.

Nach den diesbezüglichen, zwar knappen, für eine abschließende Beurteilung aber doch ausreichenden Feststellungen der Vorinstanzen haben die Kläger ihre Vermittlungstätigkeit ausschließlich für die Zweitbeklagte ausgeübt, wobei sie die Infrastruktur der Zweitbeklagten nutzten, die Arbeiten in einem von dieser zur Verfügung gestellten Büro verrichteten und auch deren Software verwendeten. Die Kläger haben ihr gesamtes Einkommen von der Zweitbeklagten bezogen und waren daher von dieser wirtschaftlich abhängig. Ungeachtet der in den Lizenzverträgen verwendeten Bezeichnungen als "selbständige Versicherungsmakler" und als "Unternehmer" ergibt demnach eine Gesamtbetrachtung, dass die Kläger im aufgezeigten Sinn als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Eine arbeitnehmerähnliche Stellung der Kläger wurde, worauf schon das Erstgericht hingewiesen hat, im Übrigen auch in den von den Zweit- und Drittklägern jeweils vor dem Landesgericht Klagenfurt als Arbeitsgericht gegen die Zweitbeklagte angestrengten Verfahren 35 Cga 178/03i und 35 Cga 179/03m bejaht bzw nicht mehr bestritten.

Die Voraussetzung einer arbeitnehmerähnlichen Stellung der Kläger ist erfüllt, eine analoge Anwendung des KautionsschutzG auf den vorliegenden Fall ist daher aus den bereits ausgeführten Gründen zu bejahen.