23.04.2009 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zum Publizitätserfordernis einer Betriebsvereinbarung

Das bloße Auflegen einer Betriebsvereinbarung ohne ergänzenden Hinweis auf Einsichtsmöglichkeiten stellt keine gehörige Kundmachung iSd Gesetzes dar


Schlagworte: Betriebsverfassung, Betriebsvereinbarung, Publizität, Hinterlegung
Gesetze:

§ 30 Abs 1 ArbVG

GZ 9 ObA 168/07g, 28.01.2009

Im Zuge einer Betriebsvereinbarung wurde zwischen dem beklagten Arbeitgeber und dem Betriebsrat vereinbart, dass an Stelle der durch die beklagte Partei garantierten Mindestverzinsung von 7,5% pa der Pensionskonten der einzelnen Mitarbeiter eine Einmalzahlung in Form eines Abfindungsbetrages an die Pensionskasse treten soll. Diese Betriebsvereinbarung wurde zwar hinterlegt und im Rahmen sogenannter Jour-fixe und im Laufe der Weihnachtsfeier auch zur Sprache gebracht, jedoch war der Kläger an diesen Veranstaltungen nicht anwesend. Eine sonstige Verlautbarung oder Hinweis auf die Hinterlegung erfolgte nicht, sodass der Kläger die Auffassung vertritt, diese Ablösevereinbarung habe mangels Erfüllung des Publizitätserfordernisses keine normative Wirkung.

OGH: Die normative Wirkung einer Betriebsvereinbarung ist von deren Kundmachung abhängig. Zwar ist es ausreichend, wenn die Betriebsvereinbarung im Betrieb aufgelegt wird, jedoch muss in diesem Fall zusätzlich ein Hinweis an die Arbeitnehmer erfolgen, dass eine Betriebsvereinbarung geschlossen und zur Einsicht aufgelegt wurde. Diese Information der Arbeitnehmer ist Voraussetzung für die Erfüllung des Publizitätserfordernisses und die normative Wirkung einer Betriebsvereinbarung. Der unterlassene Hinweis wird auch nicht durch die zufällige Information durch einen Arbeitskollegen kompensiert.