25.06.2009 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Anfechtung der Kündigung wegen Sozialwidrigkeit - zur wesentlichen Interessenbeeinträchtigung

Die finanzielle Schlechterstellung muss ein solches Ausmaß erreichen, dass sie eine fühlbare, ins Gewicht fallende Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage zur Folge hat, ohne dass aber schon eine soziale Notlage oder eine Existenzgefährdung eintreten müsste


Schlagworte: Anfechtung der Kündigung wegen Sozialwidrigkeit, wesentliche Interessenbeeinträchtigung, finanzielle Schlechterstellung, Luxusaufwendungen
Gesetze:

§ 105 ArbVG

GZ 9 ObA 30/09s, 01.04.2009

OGH: Nach stRsp des OGH hat das Tatbestandsmerkmal der wesentlichen Interessenbeeinträchtigung in § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG die Funktion, den Kündigungsschutz jenen Arbeitnehmern zu gewähren, die auf ihren Arbeitsplatz zur Sicherung ihres Lebensunterhalts angewiesen sind. Bei der Untersuchung der Frage, ob durch die Kündigung eine Beeinträchtigung wesentlicher Interessen eintritt, ist die gesamte wirtschaftliche und soziale Lage des Arbeitnehmers einzubeziehen. Dabei ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Es entspricht ebenfalls stRsp, dass eine finanzielle Schlechterstellung allein für die Tatbestandsmäßigkeit nicht genügt. Diese muss ein solches Ausmaß erreichen, dass sie eine fühlbare, ins Gewicht fallende Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage zur Folge hat, ohne dass aber schon eine soziale Notlage oder eine Existenzgefährdung eintreten müsste. "Normale Nachteile", die im Regelfall mit jeder Kündigung verbunden sind, reichen nicht aus. Es müssen Umstände vorliegen, die über das normale Maß hinaus eine Kündigung für den Arbeitnehmer nachteilig machen. Beim Tatbestandsmerkmal der "wesentlichen Interessenbeeinträchtigung" ist nur auf die wesentlichen Lebenshaltungskosten, nicht aber auf Luxusaufwendungen abzustellen. Was unter die sog "Luxusaufwendungen" fällt, ist von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig. Bei Arbeitnehmern mit höherem Einkommen ist zu erwarten, dass auch Bedürfnisse befriedigt werden, die über die Grundbedürfnisse hinausgehen; daher fällt nicht alles, was über eine sparsame Lebensführung hinausgeht, bereits unter Luxus.