27.08.2009 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zur Verfassungsmäßigkeit von Kostenzuschüssen in der Krankenversicherung

Ein Kostenzuschuss iHv weniger als 10% des marktüblichen Aufwands überschreitet den rechtspolitischen Spielraum des Krankenversicherungsträgers


Schlagworte: Krankenversicherung, Krankenbehandlung, Sachleistungsprinzip, Geldleistung, Kostenerstattung, Heilmasseure, Satzung
Gesetze:

§ 131 ASVG

GZ 10 ObS 139/08a, 16.06.2009

Zentraler Streitpunkt in diesem Verfahren waren die hohen Unterschiede zwischen den Zuschüssen durch den beklagten Krankenversicherungsträger für die gleichen Einzelleistungen durch freiberufliche Physiotherapeuten und freiberufliche Heilmasseure und die sich daraus ergebende Frage einer fehlenden sachlichen Rechtfertigung und allfälligen Verfassungswidrigkeit.

OGH: Die beklagte Partei hat mit den Berufsgruppen der Physiotherapeuten und den Heilmasseuren keine Gesamtverträge abgeschlossen und ist daher abweichend vom Sachleistungsprinzip gem § 131a ASVG zur Kostenerstattung verpflichtet. Die Festsetzung der Höhe dieser Kostenzuschüsse hat sich nicht nur an der finanziellen Leistungsfähigkeit des Versicherungsträgers zu orientieren, sondern auch das Kriterium der wirtschaftlichen Bedürfnisse der Versicherten miteinzubeziehen. Ein Kostenzuschuss von weniger als 10% jenes Aufwands, der am freien Markt für diese Leistung zu erbringen ist, und dessen Höhe davon abhängig ist, von welcher Berufsgruppe die Leistung erbracht wird, überschreitet die Regelungskompetenz des Krankenversicherungsträgers. Der höhere Zuschuss bei Leistungserbringung durch eine andere Berufsgruppe widerlegt das Argument, dass die geringe Höhe des Zuschusses bei Heilmasseuren durch die finanzielle Leistungsfähigkeit des Versicherungsträgers bedingt sei. Ein entsprechender Antrag an den VfGH hinsichtlich der Feststellung der Gesetzwidrigkeit der gegenständlichen Satzungsbestimmung wurde eingebracht.