12.11.2009 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Ausführungen zum "Mobbing"-Begriff

Die allgemeine Fürsorgepflicht gebietet dem Arbeitgeber, dafür zu sorgen, dass die Persönlichkeitssphäre der in seinen Betrieb eingegliederten Arbeitnehmer nicht durch unsachliche Belästigungen durch andere Arbeitnehmer beeinträchtigt wird


Schlagworte: Mobbing, Fürsorgepflichten
Gesetze:

§ 1157 ABGB, § 18 AngG

GZ 9 ObA 86/08z, 04.08.2009

OGH: Bei "Mobbing" handelt es sich nach einer gängigen Definition um eine konfliktbelastete Kommunikation am Dienstplatz unter Kollegen und Kolleginnen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder einigen Personen systematisch, oft und während längerer Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßes aus dem Dienstverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet. Für Mobbing ist das systematische, ausgrenzende und prozesshafte Geschehen über einen längeren Zeitraum typisch, etwa durch systematische Verweigerung jeder Anerkennung, Isolation, Zurückhaltung von Informationen, Rufschädigung etc. Die große Bandbreite möglicher Mobbinghandlungen entzieht sich einer vollständigen Aufzählung. Einzelne (Teil-)Aspekte, die bei Mobbing eine Rolle spielen, finden sich in anderen gesetzlichen Tatbeständen wieder (siehe insbesondere zur Beeinträchtigung der Würde und zu einschüchternder, feindseliger oder demütigender Arbeitsumwelt die Belästigungstatbestände nach den §§ 6, 7, 21 GlBG). Der Begriff "Mobbing" hat zwar zur Bewusstseinsbildung und gesteigerten Wahrnehmung von einschlägigen Verhaltensweisen und Folgen beigetragen, er fand bisher jedoch weder Eingang in ein Gesetz, noch ist er eine eigenständige Anspruchsgrundlage.

Die rechtliche Würdigung eines als "Mobbing am Arbeitsplatz" bezeichneten Sachverhalts hat va unter dem Blickwinkel zu erfolgen, ob von den beteiligten Akteuren arbeitsrechtliche Pflichten verletzt wurden. Vom Ansatz her zutreffend stützte sich der Kläger darauf, dass die Beklagte als Arbeitgeberin die sie treffende Fürsorgepflicht nach § 1157 ABGB, § 18 AngG verletzt habe, weil sie gegen das von einem Geschäftsleiter ausgehende Mobbing gegen den Kläger nicht eingeschritten sei.

Mobbinghandlungen beruhen in der Regel auf Vorsatz. Dies kann schon aus dem für Mobbing charakteristischen systematischen, ausgrenzenden und prozesshaften Geschehen über einen längeren Zeitraum abgeleitet werden. Damit ist jedoch - ohne weitere Behauptungen des Betroffenen - noch nichts darüber ausgesagt, ob bei Mobbing auch allfällige Gesundheitsbeeinträchtigungen des Betroffenen in strafgesetzwidriger Weise herbeigeführt wurden.