17.02.2011 Zivilrecht

OGH: § 16 Abs 2 MRG - Abschläge bzw Zuschläge vom/zum Richtwertmietzins

§ 16 Abs 2 Satz 2 MRG erfordert bei der Vornahme der Zuschläge und Abstriche vom Richtwert eine Orientierung an der allgemeinen Verkehrauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens; mit diesen Kriterien ist es unvereinbar, alle Ausstattungsdetails gesondert zu bewerten und die so gewonnenen Zuschläge und Abstriche einfach zusammenzurechnen; geboten ist vielmehr eine Gesamtschau, weil der Wert einer Wohnung nur insgesamt erfassbar ist


Schlagworte: Mietrecht, Berechnung des höchstzulässigen Hauptmietzinses, Richtwert, Zuschläge, Abstriche
Gesetze:

§ 16 Abs 2 MRG, RichtWG

GZ 5 Ob 208/10i, 20.12.2010

Der Antragsteller meint, dass weder das Vorhandensein einer Badewanne noch von Parkettböden, Anschlüssen für Geschirrspüler und Waschmaschine noch die Begehbarkeit sämtlicher Räume der Wohnung vom Vorraum aus einen Zuschlag rechtfertigten. Der Zuschlag für die Balkone sei überhöht; ein Lagezuschlag sei nicht vereinbart worden.

OGH: Wie der Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat, erfordert § 16 Abs 2 Satz 2 MRG bei der Vornahme der Zuschläge und Abstriche vom Richtwert eine Orientierung an der allgemeinen Verkehrauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens. Mit diesen Kriterien ist es unvereinbar, alle Ausstattungsdetails gesondert zu bewerten und die so gewonnenen Zuschläge und Abstriche einfach zusammenzurechnen. Geboten ist vielmehr eine Gesamtschau, weil der Wert einer Wohnung nur insgesamt erfassbar ist. Die Auflistung und Bewertung einzelner Fakten ist nur ein Kontrollinstrument.

Davon ausgehend ist das Ergebnis des Erstgerichts, das insgesamt einen Zuschlag von 16 % (24 % Zuschläge, 8 % Abstriche) gewährte, zu billigen:

Einen vom Antragsteller beanstandeten "Lagezuschlag" nahm das Erstgericht ohnedies nicht vor. Es bewertete lediglich, dass sämtliche Zimmer überwiegend eine schöne Aussicht in unverbaute Lage haben.

Auch der Vorwurf, das Erstgericht habe der E 5 Ob 296/02v widersprechend einen Zuschlag für die Parkettböden für gerechtfertigt erachtet, ist unzutreffend: In der genannten Entscheidung wurde lediglich zum Ausdruck gebracht, dass Fischgrät-Parkettböden in Altbauwohnungen der Ausstattungskategorie A nicht ungewöhnlich sind; es bedürfe daher eines Hinweises - etwa auf besondere Qualität oder Ausführung -, um eine zuschlagsrelevante Sonderausstattung anzunehmen. Letzteres ist hier dadurch verwirklicht, dass die Parkettböden nach den Feststellungen eine schöne Ausführung auf Holztramdecken aufweisen.

Nicht der Umstand, dass das Badezimmer mit einer Badewanne und einem Fenster ausgestattet ist, sondern die Tatsache, dass sich das Badezimmer in einem besonders guten Ausstattungszustand (Wände bis unter die Decke gefliest, Decke verputzt und geweißt) befand, rechtfertigt die Annahme einer zuschlagsrelevanten Ausstattung.

Auch der Vorwurf, die besonders gute Grundrissgestaltung (zentrale Begehbarkeit aller Räume) sei nicht zu berücksichtigen, diese weise die mietrechtliche Normwohnung immer auf, ist unbegründet: Die in § 16 Abs 2 Z 1 MRG ausdrücklich erwähnte Grundrissgestaltung wiegt im Anlassfall deshalb positiv, weil die Wohnung immerhin über fünf Zimmer verfügt und alle Zimmer ebenso wie sämtliche Nebenräume zentral vom Vorraum aus begehbar sind. Mag eine zentrale Begehbarkeit in kleineren Wohneinheiten typisch sein, so gilt das nicht für Mehrzimmerobjekte wie die hier zu beurteilende Wohnung.

Zwei Balkone mit einer Gesamtfläche von 30 m², wobei ein Balkon eine freie Aussicht Richtung P***** gewährt, stellen, wie das Erstgericht zutreffend erkannte, eine weit überdurchschnittliche Ausstattung dar.

Ob die vorhandenen Anschlussmöglichkeiten für Waschmaschine und Geschirrspüler als besondere Ausstattungsmerkmale anzusehen sind, kann hier dahinstehen, weil das Erstgericht zwar die fehlende Dachbodenmitbenützung ins Kalkül zog, jedoch den vorhandenen, immerhin 6,10 m² großen Abstellraum vernachlässigte und die teilweise Ausrichtung der Einheit zur Straße wegen damit verbundener Lärmbelästigungen im Hinblick darauf zu gravierend bewertete, dass feststeht, dass im gesamten Ort wegen der geltenden Tempobeschränkung auf 30km/h etwaige Lärmbeeinträchtigungen vermindert sind.

Ausgehend von dem insgesamt als hervorragend zu qualifizierenden Ausstattungszustand der Wohnung - der durch die im Sachverständigengutachten enthaltenen Aufnahmen dokumentiert ist - ist der vom Erstgericht angenommene Gesamtzuschlag von 16 % keinesfalls überhöht.