29.12.2009 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zum Richterdisziplinarrecht - Schuldspruch nicht hinsichtlich aller Fakten

Wenn auch das Disziplinarrecht nach RStDG kein dem StGB entsprechendes Typenstrafrecht enthält, sondern vielmehr nur einen einzigen und einheitlichen Tatkomplex, nämlich die Pflichtverletzung schlechthin kennt, so ist doch mit einem formellen Teilfreispruch vorzugehen, wenn zu einzelnen Fakten kein Schuldspruch zu erfolgen hat


Schlagworte: Richterdienstrecht, Disziplinarverfahren, Teilfreispruch, Teileinstellung
Gesetze:

§ 57 RStDG, § 101 RStDG, § 103 RStDG, § 121 RStDG, § 137 RStDG

GZ Ds 12/08, 29.09.2009

OGH: Wenn auch das Disziplinarrecht nach RStDG kein dem StGB entsprechendes Typenstrafrecht enthält, sondern vielmehr nur einen einzigen und einheitlichen Tatkomplex, nämlich die Pflichtverletzung schlechthin kennt, so ist doch nach der Judikatur des OGH als Disziplinargericht - wie dies auch der ausdrücklichen Anordnung des § 137 Abs 1 erster Satz RStDG entspricht - mit einem formellen Teilfreispruch (hier: mit einer formellen Teileinstellung) vorzugehen, wenn zu einzelnen Fakten kein Schuldspruch zu erfolgen hat.

Dem Disziplinaranwalt ist einzuräumen, dass es sich bei der Frist des § 415 ZPO um eine solche handelt, die ein Richter grundsätzlich einzuhalten in der Lage sein muss und eine allgemeine Tolerierung der Überschreitung von Ausfertigungsfristen dem Gesetz widersprechen würde; im Einzelfall können aber doch besondere Umstände vorliegen, die bei einer solchen Fristüberschreitung den Verschuldensvorwurf als so gering erscheinen lassen, dass auch keine mit einer Ordnungsstrafe zu ahndende Ordnungswidrigkeit anzunehmen ist.

Vorliegend hat der Disziplinarbeschuldigte im Verfahren zu ***** des Bf ***** von der letzten Protokollübertragung bis zur Urteilsausfertigung eine Zeit von rund 5 ½ Monaten benötigt und damit die Frist des § 415 ZPO ganz beträchtlich überschritten. Es gilt hier jedoch zu berücksichtigen, dass der Disziplinarbeschuldigte eine überdurchschnittlich belastete Abteilung zu leiten hatte und der fragliche Zeitraum in eine Phase fiel, in der der Disziplinarbeschuldigte ungewöhnliche und schwere familiäre sowie eigene gesundheitliche Belastungen zu tragen hatte, die sich naturgemäß insbesondere auf konzeptive Arbeiten beträchtlich auswirken können. Unter den besonderen Umständen dieses Einzelfalls erscheint es daher iSd Teileinstellungsbeschlusses des Disziplinargerichts erster Instanz vertretbar, in besagter Verzögerung auch keine Ordnungswidrigkeit zu erkennen.