14.04.2009 Arbeitsrecht

VwGH: Zur Doppelvertretung nach § 10 RAO

Es kommt vor allem auf den äußeren Anschein an, nämlich wie sich die Situation aus der Sicht der rechtssuchenden Bevölkerung darstellt - auf das Vertrauen der rechtssuchenden Bevölkerung ist entscheidend abzustellen


Schlagworte: Rechtsanwaltsordnung, Doppelvertretung, Weisung
Gesetze:

§ 10 RAO, § 23 RAO

GZ 2008/06/0188, 24.02.2009

VwGH: Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl 2006/06/0009, zur Frage der Doppelvertretung ausgeführt:"Die Rechtsprechung im Standesrecht der Rechtsanwälte unterscheidet zwischen der echten Doppelvertretung nach § 10 RAO, worunter einerseits die eigentliche Doppelvertretung fällt, bei welcher der Anwalt beide Teile im nämlichen Rechtsstreit vertritt oder ihnen auch nur einen Rat erteilt (§ 10 Abs 1 zweiter Satz RAO), sowie die uneigentliche Doppelvertretung, bei der ein Anwalt (ua) eine Partei vertritt oder berät, nachdem er die Gegenpartei in derselben oder einer damit zusammenhängenden Sache vertreten (oder beraten) hatte (§ 10 Abs 1 erster Satz RAO). Neben diesen Fällen der echten oder materiellen Doppelvertretung wegen offensichtlicher Interessenkollision erblickt die OBDK den Tatbestand der formellen Doppelvertretung darin, dass derselbe Anwalt in zwei gleichzeitig anhängigen Rechtssachen einmal als Vertreter der einen Partei, das andere Mal als Vertreter ihres Prozessgegners, insbesondere vor dem selben Gericht, auftritt, weil durch dieses gleichzeitige Aufscheinen in der Öffentlichkeit das eine Mal für und das andere Mal gegen ein und dieselbe Person das Vertrauen der rechtssuchenden Bevölkerung erschüttert wird, es überdies zu einer Interessenkollision kommen kann und ein solches Verhalten daher geeignet ist, die Ehre und das Ansehen des Standes zu beeinträchtigen. Aus der Praxis der OBDK geht hervor, dass zur Erfüllung des Tatbestandes des § 10 Abs 1 RAO die Vertretung oder die Erteilung eines Rates der bzw an die Gegenpartei zumindest in einer zusammenhängenden Sache gegeben sein oder dazu ein zeitlicher Zusammenhang bestehen muss. Es wird für maßgeblich erachtet, ob zumindest eine zusammenhängende Sache vorliegt."

Vor allem aber kommt es auf den äußeren Anschein an, nämlich wie sich die Situation aus der Sicht der rechtssuchenden Bevölkerung darstellt - auf das Vertrauen der rechtssuchenden Bevölkerung ist entscheidend abzustellen.

Entscheidend ist im Beschwerdefall Folgendes: Angesichts des Umstandes, dass der Bf (bis zum erstinstanzlichen Auftrag) Herrn X (in verschiedenen familienrechtlichen Verfahren gegen dessen Ehefrau Frau X) vertrat und dann auch Dr Y, die frühere Vertreterin von Frau X (somit in der Sphäre der Gegenpartei tätig wurde), ist eine unzulässige (uneigentliche) Doppelvertretung im Beschwerdefall zu bejahen.