01.04.2010 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Erwerbsunfähigkeitspension gem § 133 Abs 2 GSVG

Dem Versicherten wird ein Berufsschutz, nicht aber ein Tätigkeitsschutz gewährt; dem Versicherten soll bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 133 Abs 2 GSVG nicht zugemutet werden, völlig neue Kenntnisse zu erwerben oder nunmehr einer unselbständigen Tätigkeit nachzugehen


Schlagworte: Erwerbsunfähigkeitspension, selbständig
Gesetze:

§ 133 GSVG

GZ 10 ObS 204/09m, 19.01.2010

OGH: Unter Notwendigkeit der persönlichen Arbeitsleistung zur Aufrechterhaltung des Betriebes iSd § 133 Abs 2 lit b GSVG ist nach stRsp des erkennenden Senats die ausführende Mitarbeit zu verstehen, die notwendig ist, um wirtschaftlich gesehen den vom Versicherten zuletzt geführten Betrieb rentabel aufrecht zu erhalten. Dabei sind auch die Möglichkeiten der Umstrukturierung des Betriebes unter den Aspekten der Rentabilität und Zumutbarkeit der Weiterführung bei einer solchen Umorganisation zu prüfen. Nur wirtschaftlich zumutbaren Umorganisationsmaßnahmen ist auch tatsächlich nachzukommen. Kann der Selbständige unter Berücksichtigung solcher Umorganisationsmaßnahmen wie beispielsweise der Delegierung einzelner Arbeitsgänge an Mitarbeiter, der Aufnahme von Hilfs- und Ersatzkräften, der Umorganisation im technischen Bereich usw trotz seines eingeschränkten medizinischen Leistungskalküls seinen Betrieb weiterführen, ist zu prüfen, ob in diesem Fall der Betrieb noch rentabel bleibt. Dabei müssen Selbständige auch eine gewisse Verringerung ihres Einkommens in Kauf nehmen. Wie weit diese Einkommensreduktion zu gehen hat, wurde in der bisherigen Rechtsprechung noch nicht abschließend beurteilt.

Weiters stellt sich die Frage, ob der Selbständige außerstande ist, einer (nicht jener) selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, die eine ähnliche Ausbildung sowie gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten wie die Erwerbstätigkeit erfordert, die er zuletzt durch mindestens 60 Kalendermonate ausgeübt hat. Damit wird dem Versicherten nach stRsp ein Berufsschutz, nicht aber ein Tätigkeitsschutz gewährt. Dem Versicherten soll bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 133 Abs 2 GSVG nicht zugemutet werden, völlig neue Kenntnisse zu erwerben oder nunmehr einer unselbständigen Tätigkeit nachzugehen. Die Verweisung hat aber auch im Rahmen des § 133 Abs 2 GSVG abstrakt zu erfolgen. Der Frage, ob eine Verweisungstätigkeit im Einzelfall tatsächlich erlangt werden kann oder ob dem faktische oder rechtliche Gesichtspunkte, zB wirtschaftliche Gründe, entgegenstehen, kommt keine Bedeutung zu. Unter Bedachtnahme darauf, dass die konkret ausgeübte selbständige Tätigkeit und die bisherige Betriebsstruktur keinen Einfluss auf die Verweisbarkeit haben, kann es auch nicht maßgeblich sein, ob zur tatsächlichen Ausübung des Verweisungsberufs Umorganisationsmaßnahmen notwendig sind, die soweit gehen, dass im Verweisungsberuf ein Betrieb neu gegründet oder ein bestehender Betrieb übernommen werden muss. Entscheidend ist allein, ob abstrakt eine selbständige Tätigkeit ausgeübt werden kann, die eine ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten wie die zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit erfordert, wobei eine wirtschaftlich vertretbare Betriebsführung im Bundesgebiet unter Berücksichtigung des Marktes gewährleistet sein muss. Die Verweisung des Versicherten innerhalb des durch § 133 Abs 2 GSVG abgesteckten Rahmens ist daher auch auf eine Tätigkeit mit demselben Unternehmensgegenstand wie bisher in modifizierter Betriebsform zulässig. Entscheidend ist dabei, ob die Führung eines solchen Unternehmens ein die Existenz sicherndes oder mit anderen Worten einen die Lebenshaltung des Unternehmers ermöglichenden Gewinn abwirft. Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers kommt es daher nach stRsp nicht darauf an, ob der selbständig Erwerbstätige weiterhin geneigt ist, das wirtschaftliche Wagnis eines Betriebes auf sich zu nehmen und ob er in der Lage oder gewillt ist, diese selbständige Erwerbstätigkeit zu finanzieren.