20.05.2010 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zeitwidrige Kündigung

Nur dann, wenn der Gekündigte zweifelsfrei erkennen konnte, dass sein Vertragspartner tatsächlich unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen kündigen wollte und die Nennung eines verfehlten Kündigungstermins oder einer verkürzten Kündigungsfrist somit Folge einer unrichtigen Wissenserklärung ist, kann eine Wirkung erst zum nächst zulässigen Kündigungstermin angenommen werden


Schlagworte: Angestelltenrecht, zeitwidrige Kündigung
Gesetze:

§ 20 AngG, § 28 AngG, § 29 AngG

GZ 9 ObA 1/10b, 03.03.2010

OGH: Der OGH vertritt in nunmehr stRsp die Ansicht, dass durch eine zeitwidrige Kündigung das Arbeitsverhältnis grundsätzlich mit Ablauf der verkürzten Frist bzw zum verfrühten Termin beendet wird. Nur dann, wenn der Gekündigte zweifelsfrei erkennen konnte, dass sein Vertragspartner tatsächlich unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen kündigen wollte und die Nennung eines verfehlten Kündigungstermins oder einer verkürzten Kündigungsfrist somit Folge einer unrichtigen Wissenserklärung ist, kann eine Wirkung erst zum nächst zulässigen Kündigungstermin angenommen werden. Ob nun hinsichtlich Frist bzw Termin eine Wissens- oder Willenserklärung vorliegt, kann nur im Einzelfall anhand des Wortlauts der Erklärung und allfälliger näherer Umstände, wie im Zusammenhang stehender Erklärungen und/oder Verhaltensweisen der Beteiligten beurteilt werden. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass im vorliegenden Fall die Beklagte mit ihrem Kündigungsschreiben auf der - gesetzwidrigen - vertraglichen Kündigungsfrist von 4 Wochen beharren wollte, ist jedenfalls vertretbar: Da die Kündigung im Hinblick auf eine vierwöchige Frist relativ knapp abgesandt worden war, konnte der Kläger - wie jeder andere Arbeitnehmer in seiner Lage auch - annehmen, dass mit dem "nächstmöglichen Termin" nicht der nächste gesetzlich zulässige, sondern anstelle des Monatsletzten der nächste vertragliche Termin, dh der 15. Jänner 2009, gemeint war. Entgegen der Meinung der Beklagten ist daher die Auffassung vertretbar, dass im vorliegenden Fall eine Konversion (zum nächsten gesetzlich zulässigen Kündigungstermin) nicht stattzufinden hat. Mit jedenfalls vertretbarer Ansicht hat das Berufungsgericht auch das Vorliegen eines Erklärungsirrtums verneint, welcher dem Kläger hätte auffallen müssen. Insbesondere vermag die Beklagte nicht überzeugend darzulegen, warum die Gesetzwidrigkeit der vertraglichen Kündigungsbestimmung dem Kläger eher auffallen hätte müssen als der Beklagten.