03.06.2010 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Entziehung / Neubemessung des Pflegegeldes - zum Begriff "wesentliche Änderung" iSd § 9 Abs 4 BPGG

Eine Entziehung oder eine Neubemessung (Erhöhung oder Herabsetzung) des Pflegegeldanspruchs setzt im Regelfall eine wesentliche Veränderung des Zustandsbildes des Pflegebedürftigen und in dessen Folge eine Änderung im Umfang des Pflegebedarfs voraus, die die Gewährung einer anderen Pflegegeldstufe erforderlich macht


Schlagworte: Pflegegeld, Entziehung, Neubemessung, wesentliche Änderung
Gesetze:

§ 9 Abs 4 BPGG

GZ 10 ObS 32/10v, 23.03.2010

OGH: Ob ein rechtskräftig zuerkanntes Pflegegeld zu entziehen oder neu zu bemessen ist, richtet sich ausschließlich nach § 9 Abs 4 BPGG. Dieser bestimmt, dass das Pflegegeld zu entziehen ist, wenn eine Voraussetzung für die Gewährung von Pflegegeld wegfällt, und das Pflegegeld neu zu bemessen ist, wenn eine für die Höhe des Pflegegeldes wesentliche Veränderung eintritt. Diese Regelung entspricht bezüglich der (teilweisen) Entziehung der Regelung des § 99 Abs 1 ASVG. Danach setzt ein Leistungsentzug eine wesentliche, entscheidende Änderung in den Verhältnissen voraus, wobei für den anzustellenden Vergleich die Verhältnisse im Zeitpunkt der Leistungszuerkennung mit jenen im Zeitpunkt des Leistungsentzugs in Beziehung zu setzen sind.

Es genügt (dabei) nicht, nur den körperlichen Zustand zum Zeitpunkt der Gewährung zu dem zum Zeitpunkt der Neubemessung des Pflegegeldes vorliegenden in Beziehung zu setzen, sondern es sind die Änderungen im Pflegebedarf, der für das Ausmaß der Pflegegeldstufe maßgeblich ist, zueinander in Beziehung zu setzen. Im Rahmen der Entscheidung über die Herabsetzung einer Pflegegeldleistung sind nur die objektiven Grundlagen im Tatsächlichen für den seinerzeitigen Anspruch selbständig zu prüfen und die für die Zuerkennung wesentlichen Tatsachen festzustellen. Ausgehend von den Tatsachengrundlagen ist dann selbständig zu beurteilen, ob die objektiven Grundlagen für die seinerzeitige Leistungszuerkennung sich so wesentlich verbessert haben, dass sich eine Veränderung im Anspruch auf eine andere Pflegegeldstufe ergeben hat.

Eine Entziehung oder eine Neubemessung (Erhöhung oder Herabsetzung) des Pflegegeldanspruchs setzt somit im Regelfall eine wesentliche Veränderung des Zustandsbildes des Pflegebedürftigen und in dessen Folge eine Änderung im Umfang des Pflegebedarfs voraus, die die Gewährung einer anderen Pflegegeldstufe erforderlich macht. Nach den festgestellten Tatsachen ist zu beurteilen, ob sich die objektiven Grundlagen für die seinerzeitige Leistungszuerkennung so wesentlich geändert haben, dass sich eine Veränderung mit Anspruch auf eine andere Pflegegeldstufe ergeben hat. Es genügt dabei nicht, nur den körperlichen Zustand zum Zeitpunkt der Gewährung zu jenem im Zeitpunkt der Neubemessung des Pflegegeldes in Beziehung zu setzen. Es sind auch die Änderungen im Pflegebedarf, der für das Ausmaß der Pflegegeldstufe maßgeblich ist, zueinander in Beziehung zu setzen, um daraus ableiten zu können, ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist.