08.07.2010 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Versuchter Diebstahl - Entlassung nach § 82 Abs 1 lit d GewO?

Ein Versuch nach § 15 Abs 2 StGB ist der Vollendung des Delikts gleichgestellt


Schlagworte: Entlassung, Vertrauensunwürdigkeit, versuchter Diebstahl
Gesetze:

§ 82 Abs 1 lit d GewO

GZ 8 ObA 25/10z, 22.04.2010

OGH: Nach § 82 Abs 1 lit d GewO begründen strafbare Handlungen, die Vertrauensunwürdigkeit hervorrufen, einen Entlassungsgrund. Ein Diebstahl führt nach der Rsp in der Regel zu Vertrauensunwürdigkeit des Arbeitnehmers; diese wird daher grundsätzlich als gegeben angesehen. Ein Versuch nach § 15 Abs 2 StGB ist der Vollendung des Delikts gleichgestellt. Auf den Wert des Deliktsobjekts kommt es grundsätzlich nicht an. Für die begründete Annahme, dass dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung ausnahmsweise dennoch nicht unzumutbar ist, müssen besondere Umstände vorliegen.

Der Kläger führt zutreffend aus, dass für das Versuchsstadium einer strafbaren Handlung der Tatentschluss durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt werden muss.

Ausgehend von den getroffenen Feststellungen hat der Kläger die Papierrollen, die er mit nach Hause nehmen wollte, unerlaubt von ihrem Bestimmungsort entfernt. Die Verwendung des Plastiksacks diente nicht nur dem Transport, sondern ebenso der Verheimlichung der entfernten Sachen. Zudem hat der Kläger versucht, den Plastiksack in einem Zwischenlager zu verstecken, um bei seinem Vorhaben nicht entdeckt zu werden. Die Beurteilung, dass er in Ansehung der Papierrollen, die er mit nach Hause nehmen wollte, bereits eine Ausführungshandlung gesetzt habe und nicht lediglich von einer Vorbereitungshandlung gesprochen werden könne, ist keineswegs unvertretbar. Jedenfalls an der Ausführungsnähe seiner Wegnahme- und Verheimlichungshandlungen, die unmittelbar dem gewollten Gewahrsamsbruch dienten, ist nicht zu zweifeln.

Ob der Entlassungstatbestand des § 82 Abs 1 lit d GewO letztlich verwirklicht ist, lässt sich nur für den Einzelfall beurteilen.