08.07.2010 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Witwenpension - zum Einkommen iSd § 264 Abs 5 ASVG (iZm Abfertigung)

Auch wenn sich die Begriffsbestimmung des § 49 ASVG im Unterabschnitt über die Beitragsgrundlagen findet, ist nicht davon auszugehen, dass dem Beitragsrecht und dem Leistungsrecht des ASVG von vornherein unterschiedliche Entgeltbegriffe zugrunde liegen würden


Schlagworte: Witwenpension, Einkommen, Entgelt, Abfertigung
Gesetze:

§ 264 Abs 5 ASVG, § 91 ASVG, § 49 ASVG

GZ 10 ObS 57/10w, 04.05.2010

OGH: Nach § 264 Abs 5 ASVG gelten als Einkommen nach Abs 3 und 4 ua Erwerbseinkommen gem § 91 Abs 1 ASVG. Nach dieser Bestimmung, die in den Ersten Teil, Abschnitt VI ("Leistungsansprüche") des ASVG eingebettet ist, gilt als Erwerbseinkommen bei unselbständig Erwerbstätigen grundsätzlich "das aus dieser Tätigkeit gebührende Entgelt". Das ASVG geht von einem vom Arbeitsrecht und Lohnsteuerrecht abweichenden Entgeltbegriff aus. Nur dasjenige, das unter diesen Entgeltbegriff fällt, ist - im Rahmen der Höchstbeitragsgrundlage - beitrags- und meldepflichtig sowie leistungswirksam. Die Abfertigung (alt) ist zwar im Arbeitsrecht dem Begriff des Entgelts zu unterstellen; § 49 ASVG regelt aber für den Bereich des Sozialversicherungsrechts gesondert, was unter "Entgelt" eines Dienstnehmers aus unselbständiger Tätigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn zu verstehen ist. Auch wenn sich die Begriffsbestimmung des § 49 ASVG im Unterabschnitt über die Beitragsgrundlagen findet, ist nicht davon auszugehen, dass dem Beitragsrecht und dem Leistungsrecht des ASVG von vornherein unterschiedliche Entgeltbegriffe zugrunde liegen würden.

Das Unterhaltsrecht wiederum kann für die Hinterbliebenenpensionen grundsätzlich nur dann Bedeutung haben, wenn es im Recht der Hinterbliebenenpensionen auf die - rechtlichen und/oder faktischen - Unterhaltsbeziehungen (etwa zwischen Ehegatten) ankommt. Es kann jedoch für das Recht der Hinterbliebenenpensionen nicht der Entgeltbegriff des Unterhaltsrechts übernommen werden, wenn es dafür im Sozialversicherungsrecht eine eigenständige Regelung (§ 49 ASVG) gibt.

Für die Ermittlung der Berechnungsgrundlagen für den Anspruch der Klägerin auf Witwenpension gelangt daher die Bestimmung des § 49 ASVG zur Anwendung.

Gem § 49 Abs 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus aufgrund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält. In § 49 Abs 2 ASVG wird die Berücksichtigung von Sonderzahlungen als Entgelt geregelt. § 49 Abs 3 ASVG enthält eine Aufzählung jener Zahlungen des Dienstgebers, die nicht als Entgelt iSd Abs 1 und 2 gelten. Dazu gehören gem Z 7 Vergütungen des Dienstgebers, die aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses gewährt werden, wie zum Beispiel Abfertigungen, Abgangsentschädigungen, Übergangsgelder. Bei der Abfertigung handelt es sich daher um eine sozialversicherungsbeitragsfreie Leistung, die nicht als Entgelt aus einer unselbständigen Erwerbstätigkeit iSd §§ 49, 91 ASVG und damit auch nicht als Einkommen iSd § 264 Abs 5 ASVG anzusehen ist.