05.05.2006 Arbeits- und Sozialrecht

EuGH: Eine nationale Regelung, die einer Person, die sich gemäß den Voraussetzungen des nationalen Rechts einer Geschlechtsumwandlung vom Mann zur Frau unterzogen hat, die Gewährung einer Ruhestandsrente versagt, weil sie noch nicht das 65. Lebensjahr erreicht hat, während diese Person mit 60 Jahren Anspruch auf eine solche Rente gehabt hätte, wenn sie nach dem nationalen Recht als Frau anzusehen gewesen wäre, ist gemeinschaftswidrig


Schlagworte: Sozialrecht, Gleichbehandlung, Geschlechtsumwandlung, Ruhestandsalter, Rente
Gesetze:

Art 4 u 7 der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (ABl. 1979, L 6, S. 24)

Mit Urteil vom 27.04.2006 zur GZ C-423/04 hat sich der EuGH mit der geschlechtlichen Gleichbehandlung befasst:

Die englische Staatsbürgerin Frau Richards wurde als Mann geboren. 2001 unterzog sie sich einer operativen Geschlechtsumwandlung. Nachdem sie 60 Jahre alt wurde - das Ruhestandsalter für Frauen - wurde ihr die Rente verwehrt, da sie noch nicht 65 Jahre - das Ruhestandsalter für Männer - alt ist.

Dazu der EuGH: Nach stRsp stellt das Recht, nicht aufgrund des Geschlechts diskriminiert zu werden, eines der Grundrechte des Menschen dar. Der Anwendungsbereich der Richtlinie kann daher nicht auf Diskriminierungen beschränkt werden, die sich aus der Zugehörigkeit zu dem einen oder anderen Geschlecht ergeben. In Anbetracht ihres Gegenstands und der Natur der Rechte, die sie schützen soll, hat die Richtlinie auch für Diskriminierungen zu gelten, die ihre Ursache in der Geschlechtsumwandlung des Betroffenen haben.

Nach stRsp ist die in Art 7 Abs 1 lit a der Richtlinie enthaltene Ausnahme vom Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts eng auszulegen. Die Vorschrift ist daher in dem Sinne auszulegen, dass sie nur die Festlegung unterschiedlicher Rentenalter für Männer und Frauen betrifft.

Art 4 Abs 1 der Richtlinie ist daher dahin auszulegen, dass er Rechtsvorschriften entgegensteht, die einer Person, die sich gemäß den Voraussetzungen des nationalen Rechts einer Geschlechtsumwandlung vom Mann zur Frau unterzogen hat, die Gewährung einer Ruhestandsrente versagen, weil sie noch nicht das 65. Lebensjahr erreicht hat, während diese Person mit 60 Jahren Anspruch auf eine solche Rente gehabt hätte, wenn sie nach dem nationalen Recht als Frau anzusehen gewesen wäre.