22.07.2010 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Anfechtung der Kündigung wegen Sozialwidrigkeit gem § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG - zum Sozialvergleich

Soll ein Sozialvergleich erfolgen, dann muss nicht nur eine bestimmte Vergleichsperson namhaft gemacht werden, es muss auch ein entsprechendes Vorbringen erstattet werden; dieses Vorbringen muss nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG dartun, dass die Kündigung für die gekündigte Person eine größere soziale Härte darstellt als für einen anderen Arbeitnehmer des gleichen Betriebs und derselben Tätigkeitssparte


Schlagworte: Anfechtung der Kündigung wegen Sozialwidrigkeit, Sozialvergleich
Gesetze:

§ 105 Abs 3 Z 2 ArbVG

GZ 9 ObA 69/09a, 11.05.2010

OGH: Soll ein Sozialvergleich erfolgen, dann muss nicht nur eine bestimmte Vergleichsperson namhaft gemacht werden, es muss auch ein entsprechendes Vorbringen erstattet werden. Dieses Vorbringen muss nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG dartun, dass die Kündigung für die gekündigte Person eine größere soziale Härte darstellt als für einen anderen Arbeitnehmer des gleichen Betriebs und derselben Tätigkeitssparte. Um das Ausmaß der sozialen Härte für die gekündigte Person mit jenem für die Vergleichsperson vergleichen zu können, bedarf es der Substantiierung und genauen Beleuchtung der persönlichen, familiären und wirtschaftlichen Verhältnisse der in den Sozialvergleich einzubeziehenden Personen einschließlich der jeweiligen Beschäftigungszeit im Betrieb und der jeweiligen individuellen Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess. Zutreffend wies das Berufungsgericht darauf hin, dass die Klägerin diesbezüglich so gut wie kein Vorbringen erstattet hat. Die bloße Behauptung der anfechtenden Partei, ein anderer Arbeitnehmer wäre jünger als der gekündigte Arbeitnehmer, genügt nicht. Bei entsprechender Betriebsgröße wird es meistens einen anderen Arbeitnehmer geben, der jünger ist als der gekündigte Arbeitnehmer. Der Sozialvergleich wird nicht automatisch durch das Alter der Vergleichspersonen entschieden. Vom Senat wird nicht verkannt, dass ein höheres Lebensalter eines Arbeitnehmers häufig mit Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess einhergeht. Die Klägerin nannte aber nicht einmal das Alter der Vergleichspersonen. Sie stellte auch keinen konkreten Vergleich an, in welchem Ausmaß sich ihr eigenes Alter und das jeweilige Alter der Vergleichspersonen bei der Wiedereingliederung auf dem Arbeitsmarkt auswirken. Bloße Pauschalbehauptungen, die Vergleichspersonen seien "wesentlich jünger" und hätten es "wesentlich leichter", reichen für einen Sozialvergleich nicht aus.

Es bleibt einem gekündigten Arbeitnehmer unbenommen, wieviele Arbeitnehmer er in den angestrebten Sozialvergleich einbeziehen will. Generell ist dabei aber zu beachten, dass es nicht die Aufgabe des Gerichts oder eines von ihm bestellten Sachverständigen ist, die Vergleichspersonen für den gekündigten Arbeitnehmer zu suchen und auszuwählen.

Es genügt auch nicht, dass die vom Anfechtungswerber benannte Vergleichsperson im selben Betrieb beschäftigt ist. Sie muss gem § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG auch in derselben Tätigkeitssparte wie die gekündigte Person beschäftigt sein. Es reicht auch nicht aus, dass der Anfechtungswerber willens ist, die Arbeit der Vergleichsperson zu leisten; er muss dazu auch gem § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG fähig sein. Die Beurteilung dieses Umstands setzt ebenfalls wieder ein entsprechend detailliertes Vorbringen des Anfechtungswerbers voraus, welche konkrete Tätigkeit die Vergleichsperson im selben Betrieb und in derselben Tätigkeitssparte verrichtet, welche Anforderungen damit verbunden sind und welche Anforderungen der Anfechtungswerber zu leisten in der Lage ist. Weder das Gericht noch ein allfälliger Sachverständiger können dem Anfechtungswerber die Erstattung dieses Vorbringens abnehmen.