22.07.2010 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zum Austrittsgrund der dauerhaften Gesundheitsgefährdung iSd § 26 Z 1 AngG

Zwischen der Dienstleistung und der Gesundheitsgefährdung muss ein kausaler Zusammenhang bestehen; im Allgemeinen wird eine Grenze dort gezogen, wo die Gründe für die Gesundheitsgefährdung vorwiegend im privaten Umfeld des Dienstnehmers zu finden sind und der Bezug zur Dienstleistung gar nicht oder nur in sehr geringem Umfang gegeben ist


Schlagworte: Angestelltenrecht, Austritt, dauerhafte Gesundheitsgefährdung, Prognose, kausaler Zusammenhang, Auflärungspflicht des Dienstnehmers
Gesetze:

§ 26 Z 1 AngG

GZ 9 ObA 130/09x, 11.05.2010

OGH: Der Austrittsgrund der (dauerhaften) Gesundheitsgefährdung ist nach der Rsp verwirklicht, wenn durch die Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit für den Dienstnehmer eine aktuelle Gefahr für seine Gesundheit besteht und ihm aus diesem Grund die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Maßgeblich ist somit die Prognose, zukünftig das Arbeitsverhältnis nicht ohne Gesundheitsgefährdung fortsetzen zu können.

Zwischen der Dienstleistung und der Gesundheitsgefährdung muss ein kausaler Zusammenhang bestehen. Im Allgemeinen wird eine Grenze dort gezogen, wo die Gründe für die Gesundheitsgefährdung vorwiegend im privaten Umfeld des Dienstnehmers zu finden sind und der Bezug zur Dienstleistung gar nicht oder nur in sehr geringem Umfang gegeben ist. Nach der Rsp können aber auch die Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz (zB Mobbing) oder das Arbeitsklima (zB degradierende Verschlechterung der Arbeitsbedingungen) eine zum Austritt berechtigende Gesundheitsbeeinträchtigung bewirken. In diesem Sinn ist es ebenso denkbar, dass eine konkrete psychische Belastungssituation für den Dienstnehmer am Arbeitsplatz, der nicht durch geeignete Maßnahmen begegnet werden kann, einen vorzeitigen Austritt rechtfertigt. Eine solche Belastungssituation kann etwa auch aus einem Zerwürfnis der Beteiligten entstehen, das darauf zurückzuführen ist, dass - etwa aufgrund intensiver persönlicher Beziehungen zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer - der Arbeits- und Privatbereich ineinander übergehen und diese Bereiche auch durch eine entsprechende Gestaltung der Arbeitssituation nicht voneinander abgetrennt werden können.

Die grundsätzlich bestehende Aufklärungspflicht des Dienstnehmers über die gesundheitsgefährdende Belastung ist nach der Rsp dann nicht mehr gegeben, wenn er annehmen kann, dass dem Arbeitgeber diese Umstände bekannt sind, weiters wenn die Verweisung auf einen anderen Arbeitsplatz im Rahmen des Arbeitsvertrags nach den gegebenen Umständen nicht in Betracht kommt oder wenn die gesundheitsgefährdende Belastung des Arbeitnehmers im Arbeitsklima gelegen ist.

Der zu beurteilende Austrittsgrund nach § 26 Z 1 zweiter Fall AngG erfordert eine dauerhafte Gesundheitsgefährdung des Dienstnehmers, sodass nach den Umständen des Falles eine Fortsetzung seines Dienstverhältnisses nicht mehr zumutbar ist. Die Gesundheitsgefährdung ist dann als dauernd anzusehen, wenn die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit nach objektivem Maßstab in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist, wobei von der Rsp als Richtlinie die Frist von 26 Wochen nach § 139 Abs 1 ASVG herangezogen wird.