12.05.2006 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Der Entzug einer Versicherungsleistung erfordert eine ausdrückliche Aufklärung über die Sanktionen im Falle einer Verweigerung der Mitwirkung bei einer Heilbehandlung


Schlagworte: Sozialversicherungsrecht, Verletzung der Mitwirkungspflicht des Versicherten
Gesetze:

§ 99 ASVG

In seinem Erkenntnis vom 07.03.2006 zur GZ 10 ObS 188/04a hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die schuldhafte Verletzung der Mitwirkungspflicht während des gerichtlichen Verfahrens gegen einen Entziehungsbescheid zum Anspruchsverlust führt:

Der Klägerin wurde aufgrund der nach einem Reitunfall eingetretenen Arbeitsunfähigkeit eine Berufsunfähigkeitspension gewährt. Diese wurde ihr durch die beklagte Pensionsversicherungsanstalt mit der Begründung wieder entzogen, dass sich die Umstände wesentlich geändert hätten und die Klägerin durch ihre Weigerung, sich einer psychiatrischen Behandlung zu unterziehen, ihren Leistungsanspruch verwirkt habe. Die Klägerin brachte dazu vor, über eine Mitwirkungspflicht nicht aufgeklärt worden zu sein.

Der OGH führte dazu aus: Eine gewährte Leistung kann auch dann entzogen werden, wenn eine Änderung der Umstände im Sinne des § 99 ASVG erst während des gerichtlichen Verfahrens eintritt. Das gilt auch für den Fall, dass eine solche Änderung durch eine ärztliche Behandlung herbeigeführt werden könnte, der Versicherte sich jedoch weigert, eine solche durchführen zu lassen. Eine solche Verletzung der Mitwirkungspflicht ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn die Behandlung durch den Versicherungsträger angeordnet worden ist und der Versicherte ausdrücklich auf die Rechtsfolgung im Weigerungsfall hingewiesen worden ist. Wenn jedoch der Versicherungsträger trotzdem sich während des Gerichtsverfahrens herausstellt, dass der Leidenszustand durch eine Heilbehandlung verbessert werden könnte, dennoch kein entsprechenden Verlangen stellt, ist der Leistungsentzug nicht gerechtfertigt.