02.09.2010 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Einer AG zugewiesener Beamter - Zulässigkeit des Rechtswegs betreffend Streitigkeiten aus Dienstverhältnis?

Streitigkeiten aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis von Beamten sind im Verwaltungsweg auszutragen; eine Sache wird nicht schon deshalb zur Privatrechtssache, weil sich zwei Privatrechtssubjekte im Prozess gegenüberstehen und vom Kläger behauptet wird, dass sein Anspruch auf einer privatrechtlichen Vereinbarung beruht


Schlagworte: Zulässigkeit des Rechtswegs, Beamtendienstrecht, Zuweisung an AG, Streitigkeiten aus Dienstverhältnis, Verwaltungsweg
Gesetze:

§ 50 Abs 1 ASGG

GZ 9 ObA 137/09a, 11.05.2010

OGH: Es entspricht einhelliger Rsp, dass Streitigkeiten aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis von Beamten im Verwaltungsweg geltend zu machen sind. Dem Kläger ist nicht zu folgen, wenn er - darauf verweisend, dass sich im vorliegenden Verfahren zwei nicht durch ein Dienstverhältnis verbundene Privatrechtssubjekte gegenüberstehen - meint, dass schon deshalb keine Unzulässigkeit des Rechtswegs gegeben sein könne. Es kommt in erster Linie auf das Wesen des erhobenen Anspruchs an. Es mag schon zutreffen, dass sich das Problem der Unzulässigkeit des Rechtswegs in der Praxis häufiger stellt, wenn ein Hoheitsträger (meistens als beklagte Partei) an einem Verfahren beteiligt ist. Entscheidend ist dies jedoch nicht. Eine Sache wird nicht schon deshalb zur Privatrechtssache, weil sich zwei Privatrechtssubjekte im Prozess gegenüberstehen und vom Kläger behauptet wird, dass sein Anspruch auf einer privatrechtlichen Vereinbarung beruht. So kann beispielsweise der Bauführer auch nicht (zulässigerweise) den Bauunternehmer auf Erteilung der Baubewilligung klagen, selbst wenn er in der Klage behaupten würde, der Bauunternehmer habe ihm vertraglich deren Erteilung zugesagt. Gleiches gilt, wenn der Beamte jene Einrichtung, der er zugewiesen ist, mit Ansprüchen belangt, die ihrer Natur nach auf dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis des Beamten beruhen und mit diesem untrennbar verbunden sind.

Verneinte nun das Rekursgericht in Anwendung der Rsp des OGH die Zulässigkeit des Rechtswegs für das gegenständliche Klagebegehren, dass die Beklagte schuldig sei, dafür Sorge zu tragen, dass der Kläger seiner Leitungsfunktion hinsichtlich der zehn krankenanstaltenrechtlich der Beklagten im Rahmen der ***** sanitätsbehördlich genehmigten ***** Betten ausüben könne, und festgestellt werden möge, dass die Beklagte dem Kläger den Entfall der Ambulanz- und Sekundargebühren zu ersetzen habe, der seine Ursache darin habe, dass die Beklagte in der ***** keine ***** Operationen durchführe, so erscheint dies nach den vorstehenden Ausführungen vertretbar und ist nicht zu beanstanden. Eine "Zweifelsregel" kommt hier entgegen der Auffassung des Klägers nicht zum Tragen. Die geltend gemachten Ansprüche des Klägers sind untrennbar mit seinem Beamtendienstverhältnis verbunden und sind daher ihrer Natur nach keine privatrechtlichen Ansprüche.

Die Überlegungen des Rekursgerichts zum AHG können hier dahingestellt bleiben; der Kläger hat sich in erster Instanz nicht auf Schadenersatz, sondern auf eine "Vereinbarung" gestützt. Dass diese Vereinbarung für die Beklagte nicht unterfertigt wurde und die Beklagte erwidert, dass es sich um einen von ihrem für Personalangelegenheiten zuständigen Vorstandsmitglied als Dienstbehörde erster Instanz (§ 2 Abs 2 Oö Landesbediensteten-ZuweisungsG) erlassenen Bescheid handle, muss hier nicht weiter behandelt werden. Im Verfahrensstadium der Prüfung der Prozesseinrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs kommt es nicht darauf an, ob der behauptete Anspruch auch begründet ist; darüber ist (wäre) erst in der Sachentscheidung abzusprechen.

Entgegen der rekursgerichtlichen Begründung des Zulassungsausspruchs kommt hier auch nicht zum Tragen, dass der Einfluss eines die Krankenhausträger übergreifenden Kooperationsabkommens auf das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis eines an einen anderen Krankenhausträger überlassenen Primararztes noch nicht Verfahrensgegenstand vor dem OGH war. Der Kläger macht keine Ansprüche aus seiner Tätigkeit im A***** geltend, er stützt sein Klagebegehren auch nicht auf das Kooperationsabkommen zwischen der Beklagten und der A***** GmbH. Der Kläger versucht vielmehr sein Dienstverhältnis mit dem Land Oberösterreich im Wege der Zuweisung an die Beklagte nach seiner Rückkehr aus dem A***** nach seinen Vorstellungen zu formen. Er ist aber trotz der Zuweisung an die Beklagte zur Dienstleistung, wie nicht oft genug betont werden kann, noch immer Landesbeamter. An der öffentlich-rechtlichen Natur seines Dienstverhältnisses, an der Rolle des Landes als Dienstgeber und an der Diensthoheit der Landesregierung hat sich durch die Zuweisung nichts geändert, auch nicht an den Rechten und Pflichten des Klägers aus dem Dienstverhältnis mit dem Land. Das Beamtendienstverhältnis des Klägers wurde nicht mit Dienstvertrag, sondern mit Bescheid, einem Hoheitsakt, begründet (§ 4 Abs 1, § 6 Abs 1 Oö LandesbeamtenG). Eine Vereinbarung mit einem vom Dienstgeber verschiedenen Dritten vermag ohne besondere gesetzliche Ermächtigung - weder im Beamtendienstrecht noch im Privatrecht - das Dienstverhältnis und die daraus resultierenden Arbeitsbedingungen rechtswirksam zu ändern. Dies ist keine Frage der "Privatautonomie". Der Kläger übergeht, dass es sich bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis nicht um ein Rechtsverhältnis zwischen zwei Vertragspartnern handelt. Die aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis abgeleiteten Rechte und Pflichten sind im Gegensatz zu privatrechtlichen Dienstverhältnissen - sofern nicht Gestaltungsrechte gesetzlich ausdrücklich eingeräumt sind - weder vom Dienstgeber noch vom Dienstnehmer gestaltbar, sondern haben sich aus dem Gesetz zu ergeben. Maßgebend für einen Anspruch ist daher, ob die im Gesetz enthaltenen Tatbestandserfordernisse erfüllt sind. Es gilt daher: Die Arbeitsbedingungen des in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Oberösterreich stehenden beamteten Spitalsarztes, der der Oö Gesundheits- und Spitals-AG gem Oö Landesbediensteten-ZuweisungsG zur dauernden Dienstleistung zugewiesen ist, sind nicht durch Vereinbarung gestaltbar.

Macht der Kläger neben einem auf den Verwaltungsweg gehörigen Gestaltungsanspruch hinsichtlich der Arbeitsbedingungen seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses im Rahmen eines Feststellungsbegehrens auch noch einen Anspruch auf verschiedene, vermeintlich entgangene Entgeltansprüche aus dem Dienstverhältnis geltend, die er aus einer bestimmten (Nicht-)Gestaltung des Dienstverhältnisses ableitet, so ist er auch mit diesen Ansprüchen - wie bei allen vermögensrechtlichen Ansprüchen aus dem Dienstverhältnis - auf den Verwaltungsweg verwiesen.