16.09.2010 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Befristungsmotiv als Voraussetzung des Ausnahmetatbestands der Befristung zur Erprobung gem § 10a MSchG

Der Arbeitgeber hat zu beweisen, dass die Befristung sachlich gerechtfertigt ist; nach dem Inhalt des § 10a Abs 2 MSchG kommt es nicht nur darauf an, dass "aufgrund der in der vorgesehenen Verwendung erforderlichen Qualifikation eine längere Erprobung als die gesetzliche oder kollektivvertragliche Probezeit notwendig ist", das Gesetz verlangt darüber hinaus ausdrücklich, dass das Dienstverhältnis "zur Erprobung" abgeschlossen wurde


Schlagworte: Mutterschutzrecht, befristete Dienstverhältnisse, Ablaufhemmung, Erprobung, sachliche Rechtfertigung
Gesetze:

§ 10a MSchG

GZ 9 ObA 89/09t, 28.07.2010

Die Klägerin war ab 15. 10. 2007 bei der Beklagten angestellt. Das Dienstverhältnis war auf drei Monate befristet, wobei das erste Monat als "Probezeit" gem § 19 Abs 2 AngG vereinbart wurde. Für den Fall der Fortführung nach Ablauf von drei Monaten sollte das Dienstverhältnis in ein unbefristetes Dienstverhältnis übergehen. Am 8. 1. 2008 gab die Klägerin bekannt, dass sie schwanger sei. Am 9. 1. 2008 wurde ihr von der Beklagten entgegen aller vorherigen Beteuerungen mitgeteilt, dass das Beschäftigungsverhältnis nicht über die dreimonatige Befristung hinaus fortgeführt werde und daher am 14. 1. 2008 ende.

OGH: Nach § 10a Abs 1 MSchG wird der Ablauf eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Dienstverhältnisses von der Meldung der Schwangerschaft bis - soweit hier relevant - zu dem Beginn des Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs 1 MSchG gehemmt. Den Erläuterungen ist zu entnehmen, dass der Grund für diese Regelung darin lag, die Umgehung des Mutterschutzes zu vermeiden. Immer häufiger wurden nämlich mit jungen Frauen befristete Arbeitsverträge abgeschlossen, was dazu führte, dass diese Frauen infolge Zeitablaufs des Arbeitsverhältnisses und Nichterlangung eines neuen Arbeitsplatzes bei Schwangerschaft eine Reihe von Ansprüchen verloren.

Gem § 10a Abs 1 MSchG greift die Anordnung der Ablaufhemmung dann nicht ein, wenn die Befristung aus sachlich gerechtfertigten Gründen erfolgt oder gesetzlich vorgesehen ist. Dies ist vom Dienstgeber zu behaupten und zu beweisen.

Eine sachliche Rechtfertigung der Befristung liegt gem § 10a Abs 2 MSchG dann vor, wenn diese im Interesse der Dienstnehmerin liegt, oder wenn das Dienstverhältnis für die Dauer der Vertretung an der Arbeitsleistung verhinderter Dienstnehmer, zu Ausbildungszwecken, für die Zeit der Saison oder zur Erprobung abgeschlossen wurde, wenn aufgrund der in der vorgesehenen Verwendung erforderlichen Qualifikation eine längere Erprobung als die gesetzliche oder kollektivvertragliche Probezeit notwendig ist.

Die Beklagte stützte sich ausschließlich auf den letzten Grund, also den Abschluss eines Dienstverhältnisses zur Erprobung.

Zutreffend hob nun das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang hervor, dass es nach dem Inhalt des § 10a Abs 2 MSchG nicht nur darauf ankommt, dass "aufgrund der in der vorgesehenen Verwendung erforderlichen Qualifikation eine längere Erprobung als die gesetzliche oder kollektivvertragliche Probezeit notwendig ist". Das Gesetz verlangt darüber hinaus ausdrücklich, dass das Dienstverhältnis "zur Erprobung" abgeschlossen wurde. Damit geht § 10a MSchG klar erkennbar von einer bestimmten Zwecksetzung der Befristung aus. Nur so wird zum Schutz werdender Mütter sichergestellt, dass nur jene befristeten Dienstverhältnisse von der Ablaufhemmung nach § 10a Abs 1 MSchG ausgenommen werden, die ein bestimmtes zu berücksichtigendes Motiv verfolgen. Dass einem Dienstverhältnis "zur Probe" eine bestimmte Zwecksetzung bzw ein bestimmtes Motiv des Dienstgebers, nämlich die "Erprobung" des Dienstnehmers zugrunde liegt, ist nun aber keineswegs etwas Neues, sondern entspricht der Lehre.