23.09.2010 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Kostenerstattungsanspruch für Viagra bei vorübergehender, noch beeinflussbarer erektiler Dysfunktion?

Weder die vorübergehende noch die chronische erektile Dysfunktion sind Krankheiten iSd Krankenversicherungsrechts; auch die Prävention dieses Zustands kann nicht zur Pflichtleistung der Krankenversicherung zählen


Schlagworte: Krankenversicherung, Krankheit, erektile Dysfunktion, Potenzmittel, Kostenerstattung
Gesetze:

§ 133 Abs 2 ASVG, § 120 Z 1 ASVG

GZ 10 ObS 41/10t, 27.07.2010

OGH: Der bisherigen höchstgerichtlichen Rsp folgend ist die Gabe von Viagra nicht als Krankenbehandlung zu werten, weil es sich bei der erektilen Dysfunktion zwar um einen regelwidrigen Zustand handelt, der aber nicht behandlungsbedürftig ist, weil es sich bei der Kohabitationsfähigkeit nach den herrschenden gesellschaftlichen Wertvorstellungen nicht um lebenswichtige persönliche Bedürfnisse handelt und insofern keine Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne vorliegt. Weder die vorübergehende noch die chronische erektile Dysfunktion sind in diesem Sinn Krankheiten iSd Krankenversicherungsrechts. Auch die Judikatur zu den Substitutionsmethoden führt zu keiner anderen Einschätzung. Zwar heilt auch die Verabreichung von Insulin nicht die Bauchspeicheldrüse; durch die Ersatzwirkung wird aber sichergestellt, dass die betroffene Person am Leben bleibt. Diese Leistungen sind daher - anders als Potenzmittel - unumgänglich, um die Gesundheit zu festigen.

Ist bei der erektilen Dysfunktion das Vorliegen einer Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn zu verneinen, kann auch die Prävention dieses Zustands nicht zur Pflichtleistung der Krankenversicherung zählen. Auch die Möglichkeit des Umschlagens einer psychischen Belastung in eine psychische Störung, also die bloße Gefahr einer psychischen Erkrankung, stellt noch keine Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dar.