21.10.2010 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Lösung des Dienstwohnungsvertrags iZm Beendigung des Arbeitsverhältnis / Betriebsübergang

Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat in der Regel auch die Lösung des Dienstwohnungsvertrags zur Folge, sofern zwischen dem Arbeitsverhältnis und dem Bestandverhältnis ein unlöslicher Zusammenhang besteht; auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ungerechtfertigte Entlassung führt zur Beendigung des Anspruchs, die Dienstwohnung im Rahmen der Erfüllung des Dienstvertrags weiter zu benützen; im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und altem Arbeitgeber kommt es beim Betriebsübergang - wie bei der Kündigung oder Entlassung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber - zu einer Beendigung der bisherigen Beziehung


Schlagworte: Dienstvertrag, Dienstwohnung, Bestandrecht, Betriebsübergang, Beendigung, Räumungsbegehren, Schadenersatz
Gesetze:

§§ 1151 ff ABGB, §§ 1090 ff ABGB, §§ 1295 ff ABGB, § 1 Abs 2 Z 2 MRG

GZ 9 ObA 142/09m, 03.09.2010

OGH: Es entspricht stRsp, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Regel auch die Lösung des Dienstwohnungsvertrags zur Folge hat, sofern zwischen dem Arbeitsverhältnis und dem Bestandverhältnis ein unlöslicher Zusammenhang besteht. Ob ein derart enger Zusammenhang besteht, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Auf den Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt es nicht an. So führt beispielsweise auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ungerechtfertigte Entlassung zur Beendigung des Anspruchs, die Dienstwohnung im Rahmen der Erfüllung des Dienstvertrags weiter zu benützen. Der Arbeitnehmer ist allenfalls auf Schadenersatzansprüche verwiesen. Dies entspricht dem Umstand, dass eine Dienstwohnung typischerweise nur mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis gewährt wird. Bestand und Dauer des Wohnrechts sollen grundsätzlich von Bestand und Dauer des Arbeitsverhältnisses abhängen.

In der Praxis werden immer wieder Vereinbarungen geschlossen, bei denen die Dauer der Wohnungsüberlassung an den Bestand des Arbeitsverhältnisses geknüpft wird, also der zeitliche Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis im Vordergrund steht. Dass die Vereinbarung eines derartigen Auflösungsgrundes im Mietvertrag schon im Allgemeinen sittenwidrig sei, behauptet auch der Revisionswerber nicht. Er spricht sich auch nicht gegen den Betriebsübergang aus. Er beanstandet lediglich, dass die Klägerin den Mietvertrag abgeschlossen habe, obwohl ihr bekannt gewesen sei, dass das Unternehmen der J***** K***** & Co veräußert werde. Daraus ist allerdings im Räumungsverfahren nichts zu gewinnen. Das Verfahren ergab nicht, dass das Unternehmen bereits bei Mietvertragsabschluss verkauft war. Ein künftiger Verkauf des Unternehmens kann nie ausgeschlossen werden. Der Revisionswerber spricht sich auch gar nicht gegen den Verkauf aus. Sollte er meinen, er hätte im Fall eines Hinweises auf die Verkaufsabsichten die Wohnung gar nicht gemietet, dann mag ein allfälliger Vertrauensschaden eingetreten sein; es ist aber nicht nachvollziehbar, warum unter diesen Umständen die Räumung nicht möglich sein soll. Er behauptet auch nicht, dass der Betriebsübergang nur deshalb erfolgt sei, um eine Auflösung des Mietvertrags herbeizuführen, oder dass der Betriebsübergang sonst rechtsmissbräuchlich erfolgt sei. Die Verneinung der Sittenwidrigkeit durch die Vorinstanzen ist daher nicht zu beanstanden. Allfällige Schadenersatzansprüche des Beklagten aus einer Verletzung der Aufklärungspflichten oder iZm Problemen bei der Überbindung der Verpflichtung zur Einräumung einer Dienstwohnung auf den Betriebsübernehmer sind nicht Gegenstand des Räumungsverfahrens.

Bejaht man mit der Rsp die Beendigung der Überlassung der Dienstwohnung auch für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber, dann hat dies auch für den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf einen neuen Arbeitgeber infolge Betriebsübergangs zu gelten. Der neue Arbeitgeber tritt anstelle des alten Arbeitgebers in das Arbeitsverhältnis ein. Im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und altem Arbeitgeber kommt es - wie bei der Kündigung oder Entlassung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber - zu einer Beendigung der bisherigen Beziehung. Grund für die Ausnahmeregelung des MRG ist der Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis, der es angebracht erscheinen lässt, auch die Überlassung der Wohnung nicht nach den Schutzbestimmungen des MRG, sondern ebenso wie den die Geschäftsgrundlage bildenden Arbeitsvertrag nach arbeitsrechtlichen Vorschriften und Grundsätzen zu behandeln.

Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers geht auch Oppitz davon aus, dass der in der Vereinbarung des Auflösungsrechts zum Ausdruck kommende Fall, dass eine Wohnung ausdrücklich nur für die Dauer des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Arbeitgeber überlassen werde, unproblematisch sei, und gelangt zu einer Verneinung eines Weiterbenützungsanspruchs bei Betriebsnachfolge. Unter welchen Voraussetzungen dann Oppitz eine Berufung auf den "selbst veranlassten Wegfall der Geschäftsgrundlage" verneint, ist nicht ganz klar, weil auch die von ihm als unproblematisch angesehene Betriebsnachfolge typischerweise vom Betriebsvorgänger "selbst veranlasst" wurde. Dies kann hier aber dahingestellt bleiben, weil sich die Klägerin nicht auf einen "Wegfall der Geschäftsgrundlage", sondern auf ein im Mietvertrag vereinbartes vorzeitiges Auflösungsrecht stützt.