04.11.2010 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zur Frage, ob § 60a B-KUVG (wie § 131b ASVG) eine hinreichende gesetzliche Grundlage betreffend satzungsmäßige Kostenzuschussregelungen für außervertragliche Leistungen bildet

§ 59 Abs 1 B-KUVG scheidet als Anspruchsgrundlage aus, wenn Kostenerstattung für eine Behandlung begehrt wird, die nicht von einem Vertragspartner des Krankenversicherungsträgers erbracht hätte werden können; in diesem Fall gelangt nach der Rsp des VfGH der - inhaltlich dem § 131b ASVG entsprechende - § 60a B-KUVG analog zur Anwendung


Schlagworte: Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsrecht, Kostenzuschüsse bei Fehlen vertraglicher Regelungen, außervertragliche Leistungen
Gesetze:

§ 60a B-KUVG analog

GZ 10 ObS 85/10p, 27.07.2010

OGH: Nach § 59 B-KUVG ("Erstattung der Kosten der Krankenbehandlung"), der inhaltlich weitgehend dem § 131 ASVG entspricht, steht dem Anspruchsberechtigten der Ersatz der Kosten einer anderweitigen Krankenbehandlung in der Höhe des Betrags zu, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner aufzuwenden gewesen wäre. Nach der Rsp zur korrespondierenden Norm des § 131 ASVG kann diese Regelung nur für den Anwendungsbereich eines Gesamtvertrags verstanden werden, weil sich nur in diesem Bereich Wahlärzte und Vertragsärzte gegenüberstehen. Geht es jedoch um Leistungen, die nicht Gegenstand eines Gesamtvertrags sind, so kann die Bestimmung nicht zur Anwendung kommen, weil in diesem Bereich Vertragsärzte nicht zur Verfügung stehen. In diesem Sinn ist auch die "anderweitige Krankenbehandlung" im zweiten Satzteil des § 59 Abs 1 Satz 1 B-KUVG zu verstehen: Es geht darum, dass der Anspruchsberechtigte nicht durch Vertragspartner des Krankenversicherungsträgers erbrachte Sachleistungen in Anspruch genommen hat, sondern eine Behandlung durch einen Nicht-Vertragspartner, wie sie aber grundsätzlich auch von einem Vertragspartner erbracht werden hätte können. Da die Behandlung, für die der Kläger Kostenerstattung begehrt, nicht von einem Vertragspartner der beklagten Partei erbracht werden hätte können, taugt § 59 Abs 1 B-KUVG nicht als Anspruchsgrundlage für den Kläger.

Einschlägig ist vielmehr iSd Judikatur des VfGH (V 70/96) eine analoge Anwendung des - inhaltlich dem § 131b ASVG entsprechenden - § 60a B-KUVG. Nach ihrem Wortlaut regeln die §§ 60, 60a B-KUVG (nur) zwei Anwendungsfälle bei Fehlen einer vertraglichen Regelung mit "anderen" Vertragspartnern: Haben Verträge bestanden, sind diese jedoch weggefallen, so gebührt dem Anspruchsberechtigten Kostenersatz entsprechend dem historischen Vertragstarif (§ 60 B-KUVG). Haben solche Verträge hingegen überhaupt nicht bestanden, so ist die Versicherungsanstalt ermächtigt, in ihrer Satzung Kostenzuschüsse festzusetzen.

In dem Erkenntnis hat der VfGH explizit ausgeführt, dass die Satzung der beklagten Partei für den Fall des Fehlens einer vertraglichen Regelung für eine bestimmte (neuartige) ärztliche Behandlung für diese Leistungen auf der Grundlage einer analogen Anwendung des § 60a B-KUVG einen Kostenersatz in Form von Kostenzuschüssen vorzusehen hat; die §§ 59, 60a B-KUVG sind dagegen unanwendbar. Daraus folgt, dass der Kläger im vorliegenden Fall keinen über den satzungsmäßigen Anspruch nach § 14 der Satzung der BVA 2005 hinausgehenden Kostenerstattungsanspruch hat. Schließlich besteht nach der Judikatur des VfGH keine Pflicht des Krankenversicherungsträgers, alle erdenklichen und medizinisch möglichen Leistungen als Sachleistungen ohne Zuzahlungen des Versicherten zu erbringen. Vor diesem Hintergrund trifft den Krankenversicherungsträger nicht die Pflicht, im Falle "außervertraglicher" Leistungen die dem Versicherten entstandenen Behandlungskosten zur Gänze zu tragen.