25.11.2010 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zur Abgrenzung zwischen laufendem Entgelt iSd § 49 Abs 1 ASVG und Sonderzahlungen iSd § 49 Abs 2 ASVG

Unter Sonderzahlung iSd § 49 Abs 2 ASVG sind verpflichtende oder freiwillige Zuwendungen iSd § 49 Abs 1 ASVG - gleich welcher Benennung - zu verstehen, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit in bestimmten, über die Beitragszeiträume hinausgehenden Zeitabschnitten wiederkehren, wobei die Regelmäßigkeit der Leistungen im Wesentlichen aus der Dienstgeberzusage oder aus dem tatsächlichen Ablauf der Ereignisse zu beurteilen ist


Schlagworte: Entgelt, Sonderzahlungen, Prämie
Gesetze:

§ 49 ASVG

GZ 10 ObS 146/10h, 05.10.2010

Die Klägerin, die als Abteilungsleiterin in die unternehmerische Verantwortung ihres Arbeitgebers eingebunden war und eine Reihe von Mitarbeitern zu führen hatte, erhielt zu ihrem fixen Gehalt eine Jahresprämie, die jährlich entweder am Jahresende oder am Anfang des nächsten Jahres ausbezahlt wurde. Diese Prämie hing (hängt) vom Erreichen der Zielsetzungen ab, im Wesentlichen von der Anzahl der in der Abteilung abgeschlossenen Verträge und vom Verhältnis der Kosten der Abteilung der Klägerin zum Umsatz dieser Abteilung. Das Wirtschaftsjahr des Arbeitgebers läuft vom 1. November bis 31. Oktober. Die für die Ermittlung der Höhe der Prämie erforderlichen Zahlen liegen daher jeweils erst am Jahresende vor. Die Klägerin beeinflusst die Höhe der Prämie mit ihrer eigenen Arbeit: einerseits bringt sie einen Teil der Verträge selbst; andererseits hängen die Kosten ihrer Abteilung wesentlich davon ab, wie gut und mit wievielen Mitarbeitern sie die Abteilung führt. Die konkrete Höhe der Prämien wurde jeweils am Ende des Jahres zwischen der Klägerin und dem Arbeitgeber vereinbart, wobei die Bemessung anhand der für das abgelaufene Geschäft vorliegenden Zahlen erfolgte. Eine konkrete Vereinbarung, für welchen Zeitraum genau die Prämie jeweils gewährt wurde, ist nie getroffen worden. Die Prämie für 2009 wurde noch nicht der Höhe nach festgelegt und auch noch nicht ausbezahlt, wird aber anteilig der für 2008 gewährten Prämie entsprechen.

OGH: Unter Sonderzahlung iSd § 49 Abs 2 ASVG sind nach der Rsp des OGH verpflichtende oder freiwillige Zuwendungen iSd § 49 Abs 1 ASVG - gleich welcher Benennung - zu verstehen, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit in bestimmten, über die Beitragszeiträume hinausgehenden Zeitabschnitten wiederkehren, wobei die Regelmäßigkeit der Leistungen im Wesentlichen aus der Dienstgeberzusage oder aus dem tatsächlichen Ablauf der Ereignisse zu beurteilen ist.

Die Qualifikation der Prämie als Sonderzahlung iSd § 49 Abs 2 ASVG durch das Berufungsgericht ist durch diese Rsp gedeckt. Anders als eine - auch jährlich im Nachhinein abgerechnete - vertraglich zustehende Umsatzprovision, deren Entstehen nach der dienstvertraglichen Vereinbarung allein von der Tätigung laufender Umsätze abhängig ist, hängt das Entstehen des Anspruchs der Klägerin auf die Prämie und deren Höhe von mehreren Bedingungen ab: Der Anspruch hängt nur zum Teil von den von der Klägerin selbst getätigten Umsätzen und nur mittelbar von ihrer eigenen Arbeitsleistung ab. Darüber hinaus ist er an Bedingungen geknüpft und vom Erreichen bestimmter Zielsetzungen abhängig: Im Wesentlichen von der Anzahl der in der Abteilung insgesamt abgeschlossenen Verträge und vom Verhältnis der Kosten der Abteilung zum erzielten Umsatz. Zudem ergibt sich die Höhe der Prämie nicht schon unmittelbar aus der Zielerreichung, sondern es bedarf jeweils noch einer gesonderten Vereinbarung mit dem Arbeitgeber auf der Grundlage der für das abgelaufene Geschäft vorliegenden Kennzahlen.