02.12.2010 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Verständigung des Betriebsrats nach § 105 Abs 1 ArbVG und Stellungnahme

Die Verständigung des Betriebsrats nach § 105 Abs 1 ArbVG ist zwar nicht formgebunden, sie muss aber eindeutig, bestimmt und verständlich sein; da eine spontane Äußerung des Betriebsratsvorsitzenden zu einer ihm mitgeteilten Kündigungsabsicht erkennbar nicht auf einem ordnungsgemäßen Beschluss des Betriebsrates beruht, kann sie nicht als "Stellungnahme des Betriebsrates" iSd § 105 ArbVG gewertet werden


Schlagworte: Arbeitsverfassungsrecht, Kündigungsanfechtung, Verständigung des Betriebsrats, Stellungnahme
Gesetze:

§ 105 ArbVG

GZ 9 ObA 100/10m, 22.10.2010

OGH: Die Verständigung des Betriebsrats nach § 105 Abs 1 ArbVG ist zwar nicht formgebunden, sie muss aber eindeutig, bestimmt und verständlich sein. Die Rechtsauffassung, dass die Äußerung des Personaldisponenten der Beklagten vom 25. 3. 2009 noch nicht den Erklärungswert einer fristauslösenden Kündigungsverständigung hatte, ist insbesondere im Zusammenhang damit vertretbar, dass "dazu" (nämlich zur beabsichtigten Kündigung von insgesamt fünf Mitarbeitern) für den 20. 4. 2009 noch ein weiteres Treffen zwischen dem Betriebsratsvorsitzenden und dem Personal-Sachbearbeiter der Beklagten vereinbart war.

Damit ist es aber auch vertretbar, erst den schriftlichen "Kündigungsantrag" vom 16. 4. 2009 als Erklärung des Dienstgebers nach § 105 Abs 1 ArbVG über die beabsichtigte Kündigung des Klägers zu werten. Da der Vorsitzende des Betriebsrats seine Zustimmung zu dieser Kündigung spontan in Gegenwart des Personal-Sachbearbeiters, der ihm das Schreiben ausgehändigt hatte, erteilte, hat das Berufungsgericht - zumindest vertretbar - das Vorliegen einer "Stellungnahme des Betriebsrats" iSd § 105 Abs 2 2. Satz ArbVG verneint: Der Betriebsinhaber kann zwar in der Regel Erklärungen des Betriebsratsvorsitzenden als wirksame Stellungnahme des gesamten Betriebsratskollegiums ansehen; da aber eine spontane Äußerung des Betriebsratsvorsitzenden zu einer ihm mitgeteilten Kündigungsabsicht erkennbar nicht auf einem ordnungsgemäßen Beschluss des Betriebsrats beruhen kann, ist sie in diesem Ausnahmefall nicht als wirksame Stellungnahme nach § 105 ArbVG zu werten.

War aber zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung die Frist von fünf Arbeitstagen noch nicht abgelaufen, konnte die Kündigung keine rechtliche Wirkung entfalten.