16.12.2010 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Kündigungsanfechtung wegen Sozialwidrigkeit nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG iZm Erreichen des Regelpensionsalters und Anspruch auf Regelpension

Bei Erreichen des Regelpensionsalters und Anspruch auf Regelpension ist der Kündigungsschutz zwar nicht generell und jedenfalls auszuschließen, bei der Prüfung der Interessenbeeinträchtigung iSd § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG ist aber ein strenger Maßstab anzulegen


Schlagworte: Arbeitsverfassungsrecht, Kündigungsanfechtung wegen Sozialwidrigkeit, Erreichen des Regelpensionsalters, Anspruch auf Regelpension
Gesetze:

§ 105 Abs 3 Z 2 ArbVG

GZ 8 ObA 74/10f, 04.11.2010

OGH: Der OGH hat mehrfach klargestellt, dass bei Erreichen des Regelpensionsalters und Anspruch auf Regelpension der Kündigungsschutz zwar nicht generell und jedenfalls auszuschließen ist, dass aber bei der Prüfung der Interessenbeeinträchtigung iSd § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG ein strenger Maßstab anzulegen ist. Einerseits ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die mit jeder Pensionierung verbundenen Einkommenseinbußen toleriert. Andererseits darf nicht außer Acht gelassen werden, dass eine Kündigung bei Erreichen des Regelpensionsalters für den Arbeitnehmer nicht unvorhersehbar ist.

Der OGH entschied weiters, dass eine Kündigung eines Arbeitnehmers nach Erreichen des Regelpensionsalters keine Diskriminierung aufgrund des Alters darstellt. In weiterer Folge sprach auch der EuGH aus, dass eine zwangsweise Versetzung in den Ruhestand dann keine Diskriminierung wegen des Alters verwirklicht, wenn sie vor dem Hintergrund des Art 6 Abs 1 der RL 2000/78/EG gerechtfertigt ist, daher insbesondere auch im Fall der Erreichung des Regelpensionsalters. Der OGH hielt in 9 ObA 131/05p fest, dass eine Diskriminierung wegen des Alters insbesondere auch dann nicht anzunehmen ist, wenn ein Arbeitnehmer nur über eine Mindestpension verfügt, zumal dieser Umstand ausschließlich auf seine subjektiven Verhältnisse zurückzuführen ist.

Übereinstimmend mit der stRsp bezog das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Interessenbeeinträchtigung aber auch das Einkommen der Ehegattin als einen Faktor in seine Beurteilung mit ein.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass bei einer Gesamtbetrachtung wesentliche Interessen des Klägers, der das Regelpensionsalter erreicht hat und eine Alterspension bezieht, durch die Kündigung hier nicht beeinträchtigt sind, ist jedenfalls wegen des anzulegenden strengen Prüfungsmaßstabs keineswegs unvertretbar.