23.12.2010 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Konkurrenzklausel - unterliegt die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Sanktion des § 37 AngG?

Aus dem Umstand, dass die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses in § 37 Abs 1 und Abs 2 AngG nicht erwähnt wird, schließt die Rsp, dass sich der Arbeitgeber bei dieser Art der Beendigung des Dienstverhältnisses auf die Konkurrenzklausel berufen kann, ohne dass es einer Erklärung iSd § 37 Abs 2 AngG bedarf; auch der Umstand, dass die Initiative für die einvernehmliche Auflösung vom Arbeitgeber ausgeht, ändert daran nichts; ein Mitverschuldenseinwand hinsichtlich einer Konventionalstrafe ist auch bei einvernehmlicher Auflösung grundsätzlich nicht ausgeschlossen


Schlagworte: Angestelltenrecht, Konkurrenzklausel, einvernehmliche Auflösung, Mitverschulden, Repräsentant, Erfüllungsgehilfenhaftung
Gesetze:

§ 37 AngG, § 1304 ABGB, § 1313a ABGB

GZ 9 ObA 141/09i, 03.09.2010

OGH: Aus dem Umstand, dass die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses in § 37 Abs 1 und Abs 2 AngG nicht erwähnt wird, schließt die Rsp, dass sich der Arbeitgeber bei dieser Art der Beendigung des Dienstverhältnisses immer auf die Konkurrenzklausel berufen kann, ohne dass es einer Erklärung iSd § 37 Abs 2 AngG bedarf. Selbst eine Initiative des Arbeitgebers zur einvernehmlichen Auflösung könnte daran nichts ändern.

Die Rsp hat die Anwendung des § 37 Abs 1 AngG auch in dem Fall ausgeschlossen, dass der kündigende Arbeitnehmer bei der Kündigung nicht auf ein schuldbares Verhalten des Dienstgebers hinweist und diesem ein solches auch nicht als Ursache für die Kündigung erkennbar sein muss. Der OGH hat jedoch darauf hingewiesen, dass in einem solchen Fall dennoch ein Mitverschulden des Arbeitgebers geprüft werden könne, weil die Vertragsstrafe pauschalierten Schadenersatz darstelle. Dem Arbeitnehmer stehe daher ein Mitverschuldenseinwand offen, der vor der Anwendung des Mäßigungsrechts nach § 38 AngG zu berücksichtigen sei.

Ein solcher Mitverschuldenseinwand hinsichtlich einer Konventionalstrafe ist auch bei einvernehmlicher Auflösung grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Wesentlich ist aber jedenfalls, dass ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitgebers vorliegt.

Es ist darauf hinzuweisen, dass nicht jedes (Fehl-)verhalten eines Mitarbeiters dem Arbeitgeber anzurechnen ist. Die einem Arbeitgeber zur Last fallende Zurechnung des Verhaltens der einzelnen Mitarbeiter ist unterschiedlich zu sehen. Es ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber - soferne es sich um eine juristische Person handelt, neben der Haftung für die Organe - jedenfalls auch für seine Repräsentanten einzustehen hat. So wurde in der Rsp schon erwogen, dass die Bezeichnung "Regionalleiterin" auf eine solche Funktion hindeuten könnte, doch konnte im Anlassfall die nähere Untersuchung der betriebsinternen Organisation aus anderen Erwägungen unterbleiben. Repräsentant ist jeder, der eine leitende Stellung mit selbständigem Wirkungsbereich innehat, also in verantwortlicher, leitender oder überwachender Funktion Tätigkeiten für die juristische Person ausübt. Auf das Erfordernis eines Wirkungskreises, der jenem eines Organs annähernd entspricht, kommt es dabei nicht an. Lediglich Personen, die untergeordnete Tätigkeiten ausüben, kommen nicht in Betracht.

Sollte V die für eine Repräsentantenstellung erforderlichen Kriterien nicht erfüllen, könnte alleine die von den Vorinstanzen angenommene Erfüllungsgehilfenhaftung nach § 1313a ABGB ein Mitverschulden der Klägerin nicht begründen: Unbestritten ist zwar, dass jeden Arbeitgeber grundsätzlich eine arbeitsvertragliche Fürsorgepflicht (§ 1157 ABGB, § 18 AngG) gegenüber seinen Arbeitnehmern trifft. Dabei ist auch denkbar, dass sich ein Arbeitgeber anderer Arbeitnehmer bedient, um im konkreten Fall seiner Fürsorgepflicht nachzukommen, insbesondere um durch diesen Arbeitnehmer Abhilfe für einen anderen schutzbedürftigen Arbeitnehmer zu schaffen. In diesem Fall wäre der beauftragte Arbeitnehmer, der der ihm übertragenen Abhilfeverpflichtung nicht oder nur unzureichend nachkommt, gem § 1313a ABGB Erfüllungsgehilfe des Arbeitgebers. In einer solchen Situation befand sich aber der Vorgesetzte des Beklagten nicht. Ein schuldhaftes Verhalten der Arbeitgeberin (bzw deren Organe) wäre dann wohl nur anzunehmen, wenn ihr der bedrängte Beklagte das Fehlverhalten seines Vorgesetzten mitgeteilt und die Klägerin dennoch nichts unternommen hätte, um das unleidliche Verhalten dieses anderen Mitarbeiters abzustellen Dieser Gedanke liegt im Übrigen auch dem Austrittsgrund § 26 Z 4 zweiter Fall AngG zu Grunde und kann für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts herangezogen werden. Eine solche Mitteilung hat der Beklagte aber unterlassen. Nicht einmal anlässlich der Auflösungsgespräche erwähnte er, dass auch ein unleidliches Verhalten eines Vorgesetzten Grund für seinen Entschluss sei, das Dienstverhältnis zu beenden.