06.01.2011 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Übertragung der Leistungspflicht an die Pensionskasse - in Betriebsvereinbarung normierte Nachschusspflicht

Zur Frage, in welchen Fällen den Arbeitgeber eine Nachschusspflicht trifft, enthält das PKG keine Aussage; sie ist vielmehr durch Auslegung der Übertragungsvereinbarung (Leistungszusage) zu beantworten


Schlagworte: Pensionskassenrecht, Übertragung der Leistungspflicht, Nachschusspflicht, Betriebsvereinbarung, Auslegung
Gesetze:

PKG, § 29 ArbVG, § 6 ABGB, § 7 ABGB

GZ 9 ObA 92/10k, 24.11.2010

Am 22. 12. 1994 schloss der Vorstand der Beklagten mit dem zuständigen Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über eine zusätzliche Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung ab. Dadurch wurde die bisherige kollektivvertragliche Pensionsvereinbarung in ein Pensionskassensystem übergeführt.

OGH: Das PKG stellt den rein organisationsrechtlichen Rahmen für die sondergesetzlich ermöglichte Übertragung der Pensionsleistungspflicht auf eine Pensionskasse zur Verfügung. Nach wirksamer Übertragung der Leistungspflicht an die Pensionskasse schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nur mehr die Beitragsleistung an die Pensionskasse. Soweit er seine Pflicht zur Beitragsleistung erfüllt, wird er von der direkten Leistungsverpflichtung gegenüber dem Arbeitnehmer befreit. Ein - abgesehen von der Beitragszahlung - weiterer Erfüllungsanspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber kann demnach grundsätzlich nur im Fall einer Nachschusspflicht bestehen. Regelmäßig ist nur bei leistungsorientierten Pensionsmodellen eine Deckungslücke iSd § 5 Z 3 PKG und damit eine Nachschusspflicht anzunehmen. Zur Frage, in welchen Fällen den Arbeitgeber eine Nachschusspflicht trifft, enthält das PKG allerdings keine Aussage; sie ist vielmehr durch Auslegung der Übertragungsvereinbarung (Leistungszusage) zu beantworten.

Zur Auslegung von Übertragungsvereinbarungen (auch) in Form von Betriebsvereinbarungen hat der OGH bereits festgehalten, dass diese objektiv nach den Regeln der §§ 6 und 7 ABGB zu erfolgen hat. Im Zweifel ist zu unterstellen, dass die Vertragsparteien eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen sowie einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen und daher eine Ungleichbehandlung der Normadressaten vermeiden wollten.