13.01.2011 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: § 9 ArbVG - Feststellung des anzuwendenden Kollektivvertrags iZm Mischtätigkeit

Auch bei einer"Mischtätigkeit" bzw Unklarheit der Zuordnung ist es angemessen, den Grundsätzen des § 9 ArbVG zu folgen und zu fragen, welche fachlichen und wirtschaftlichen Komponenten überwiegen, also dem Betrieb das "Gepräge" geben


Schlagworte: Mindestlohntarif, Kollektivvertrag, fachlicher Geltungsbereich, Mischtätigkeit
Gesetze:

§ 9 ArbVG

GZ 9 ObA 46/10w, 24.11.2010

OGH: Der fachliche Geltungsbereich bei mehrfach kollektivvertragsangehörigen Arbeitgebern wird durch § 9 ArbVG geregelt. Zufolge Abs 1 dieser Bestimmung findet bei einer Aufteilung in mehrere Betriebe grundsätzlich der für den jeweiligen Betrieb in fachlicher und örtlicher Beziehung entsprechende Kollektivvertrag Anwendung, ebenso sinngemäß, wenn es sich um Haupt- und Nebenbetriebe oder um organisatorisch und fachlich abgegrenzte Betriebsabteilungen handelt (§ 9 Abs 2 ArbVG).

Für den Fall, dass eine solche organisatorische Trennung nicht vorhanden ist, sieht § 9 Abs 3 ArbVG vor, dass jener Kollektivvertrag zur Anwendung gelangt, welcher für den fachlichen Wirtschaftsbereich gilt, der für den Betrieb die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung hat.

Die Schwierigkeiten im vorliegenden Fall liegt nun darin, dass die konkrete Tätigkeit offensichtlich eine "Mischtätigkeit" zwischen dem "Reinigungsgewerbe" und dem Garagen-, Tankstellen- und Servicestationsunternehmensgewerbe darstellt. Das Handwerk der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger stellt zufolge § 94 Z 13 der GewO ein reglementiertes Gewerbe dar, für das auch die Zugangsvoraussetzungen detailliert geregelt wurden. Die Innenreinigung von Autobussen scheint davon umfasst. Dies gilt aber wohl auch für die Servicestationsunternehmungen, die typischerweise auch Reinigungsleistungen (Waschanlagen) erbringen. Es geht hier weniger darum, dass zwei fachlich klar getrennte Wirtschaftsbereiche iSd § 9 Abs 3 ArbVG gemeinsam ausgeübt würden, sondern dass eine wirtschaftliche Tätigkeit in unterschiedlicher Form organisiert in den einen oder den anderen Wirtschaftsbereich fallen kann und die Abgrenzung unklar ist.

Auch für diese "Überschneidung" bzw Unklarheit der Zuordnung ist es aber angemessen, den Grundsätzen des § 9 ArbVG zu folgen und zu fragen, welche fachlichen und wirtschaftlichen Komponenten überwiegen, also dem Betrieb das "Gepräge" geben.