27.01.2011 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Invaliditätspension - angelernter Beruf gem § 255 Abs 2 ASVG

Ein Versicherter, der nur eine Teiltätigkeit eines Lehrberufs ausübt, die nicht als angelernte Tätigkeit anzusehen ist, kann durch einen nachträglichen Lehrabschluss ohne jede praktische Anwendung der dort erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten keinen Berufsschutz erlangen


Schlagworte: Pensionsversicherung, Invalidität, Berufsschutz, angelernter Beruf, Teiltätigkeit eines Lehrberufs
Gesetze:

§ 255 Abs 2 ASVG

GZ 10 ObS 168/10v, 30.11.2010

OGH: Ein angelernter Beruf liegt gem § 255 Abs 2 ASVG vor, wenn für seine Ausübung qualifizierte Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich waren, welche jenen in einem erlernten österreichischen Lehrberuf gleichzuhalten sind. Was die in der außerordentlichen Revision angesprochene Ausbildungsdauer betrifft, entspricht es bei vergleichbaren Berufen, die ebenfalls keine Angestelltentätigkeit begründen (wie etwa jene von Stationsgehilfen oder Pflegehelfern), stRsp des OGH, dass solche, selbst bei einer theoretischen und praktischen Ausbildung im Gesamtausmaß von 1850 Stunden, weder einen erlernten noch einen angelernten Beruf iSd § 255 Abs 1 (und 2) ASVG darstellen, weil ein einem Lehrberuf vergleichbares Ausbildungsniveau nicht erreicht werde.

Davon ausgehend hat der Senat den Berufsschutz eines Prosekturgehilfen in der E 10 Ob 116/05i bereits ausdrücklich verneint, weil sich der Kläger für diese Tätigkeit nach eigenem Vorbringen lediglich durch die Absolvierung eines nur sechs Monate dauernden Prosekturgehilfenkurses und praktische Arbeit qualifiziert habe, was die auch in dieser Entscheidung ausführlich dargestellten Voraussetzungen nicht erfülle.

Nichts anderes kann für den Kläger gelten, der sich lediglich auf die im Zuge seiner dreijährigen "Einschulung in der Praxis" erworbenen Kenntnisse beruft.

Seinen Ausführungen ist im Übrigen auch zu erwidern, dass es für das Vorliegen eines Berufsschutzes als angelernter Arbeiter nach § 255 Abs 2 ASVG nach stRsp nicht genügt, dass der Versicherte über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die für die Annahme eines angelernten Berufs erforderlich sind; es müssen vielmehr diese Kenntnisse und Fähigkeiten für die von ihm ausgeübte Berufstätigkeit erforderlich, also Voraussetzung hiefür gewesen sein. Daher kann nach der Rsp ein Versicherter, der nur eine Teiltätigkeit eines Lehrberufs ausübt, die nicht als angelernte Tätigkeit anzusehen ist, auch beispielsweise durch einen nachträglichen Lehrabschluss ohne jede praktische Anwendung der dort erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten keinen Berufsschutz erlangen.

Dementsprechend ist im vorliegenden Fall der festgestellte Aufgabenbereich des Klägers maßgebend, wobei insoweit nicht zweifelhaft sein kann, dass - angesichts der vom Arbeitgeber des Klägers selbst übernommenen Verwaltungsaufgaben - für die Ausübung der festgestellten Tätigkeit des Klägers Kenntnisse und Fähigkeiten, die denen einer gelernten "Bestattungsfachkraft" gleichzuhalten sind, gar nicht erforderlich waren. Sein Verweisungsfeld ist daher nach § 255 Abs 3 ASVG zu beurteilen.