24.02.2011 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Wirksame Vereinbarung eines Probemonats bei schon vorher bestandenem freiem Dienstverhältnis?

Den Parteien steht es selbst dann, wenn zwischen ihnen vorher bereits ein Dienstverhältnis bestanden hat, grundsätzlich frei, zu Beginn des Dienstverhältnisses eine Probezeit zu vereinbaren, sofern nicht unter den gegebenen Umständen eine Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften zu befürchten ist


Schlagworte: Angestelltenrecht, Probemonat, vorher bestandenes freies Dienstverhältnis
Gesetze:

§ 19 Abs 2 AngG

GZ 8 ObA 3/11s, 25.01.2011

OGH: Gem § 19 Abs 2 AngG kann ein Arbeitsverhältnis auf Probe nur für die Höchstdauer von einem Monat vereinbart und während dieses Zeitraums von jedem Vertragsteil jederzeit gelöst werden. Es handelt sich dabei um eine Auflösung besonderer Art, die ohne Rücksicht darauf möglich ist, ob die Vertragspartner ihre Möglichkeit besonders vereinbart haben oder nicht. Der besondere Kündigungs- und Entlassungsschutz kommt darauf nicht zur Anwendung. Das Probearbeitsverhältnis soll dem Arbeitgeber die Möglichkeit geben, sich davon zu überzeugen, ob der Arbeitnehmer sich für die zugedachte Stelle eignet; umgekehrt soll auch der Arbeitnehmer Gelegenheit haben, die Verhältnisse im Betrieb kennenzulernen. Die enge zeitliche Begrenzung der Zulässigkeit der Vereinbarung eines Probemonats dient der Vermeidung der Umgehung des arbeitsrechtlichen Bestandschutzes.

Die hL und Rsp geht davon aus, dass es den Parteien selbst dann, wenn zwischen ihnen vorher bereits ein Dienstverhältnis bestanden habe, grundsätzlich freistehe, zu Beginn des Dienstverhältnisses eine Probezeit zu vereinbaren, sofern nicht unter den gegebenen Umständen eine Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften zu befürchten ist. Sei daher etwa der Gegenstand der Probedienstleistung ein anderer als die frühere Tätigkeit des Arbeitnehmers, seien Abfertigungsansprüche nicht berührt oder gehe es nach der Beendigung eines Dienstverhältnisses durch Arbeitgeberkündigung darum, die Ernstlichkeit des Entschlusses des Arbeitnehmers zu einem Neuanfang zu überprüfen, so sei auch im Anschluss an ein früheres Dienstverhältnis in einem neuen Dienstverhältnis die Vereinbarung einer Probezeit zulässig. "Kettenprobearbeitsverhältnisse" hingegen seien nicht zulässig.

Vor diesem Hintergrund hat der OGH im vorliegenden Fall gegen die Zulässigkeit der hier zu beurteilenden Vereinbarung eines Probemonats keine Bedenken. Zum einen bestand zwischen den Streitteilen vor dem Abschluss des nunmehrigen Arbeitsverhältnisses kein Arbeits- sondern ein freies Dienstverhältnis, das nach dem Klagevorbringen von der Klägerin selbst aufgelöst wurde. Berücksichtigt man überdies, dass zwischen der Beendigung des freien Dienstverhältnisses und dem Abschluss des nunmehrigen Arbeitsverhältnisses etwa ein halbes Jahr lag, fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten, die es erlauben würden, von einer Absicht der Beklagten auszugehen, arbeitsrechtliche Schutzvorschriften zu umgehen. Damit erweist sich aber die Vereinbarung eines Probemonats und somit auch die innerhalb der Probezeit erfolgte Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte als wirksam.