03.03.2011 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Übermäßige zeitliche Bindung des Arbeitnehmers

Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit übermäßiger zeitlicher Bindung kommt es nicht nur auf das bloße Ausmaß der Bindung an; vielmehr ist im Einzelfall die sich aus dem gesamten Vertragsinhalt ergebende Stellung und Rechtslage der Vertragspartner und auch der etwaige Missbrauch der wirtschaftlichen Verhandlungsübermacht eines Beteiligten zu berücksichtigen


Schlagworte: Übermäßige zeitliche Bindung des Arbeitnehmers, Sittenwidrigkeit
Gesetze:

§ 879 ABGB

GZ 8 ObA 27/10v, 25.01.2011

OGH: Ob eine Abrede der Parteien iSd § 879 ABGB sittenwidrig ist, ist eine Frage des Einzelfalls, die - wenn das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens nicht überschritten hat - die Zulässigkeit der Revision nicht rechtfertigen kann. Eine unvertretbare Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts vermag der Revisionswerber hier aber nicht aufzuzeigen.

Sein dazu erstattetes Vorbringen verkennt, dass es hier nicht um die Frage der Zulässigkeit der (erstmaligen) Befristung an sich geht, sondern um die Länge der Bindung des Erstbeklagten.

Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit übermäßiger zeitlicher Bindung kommt es nicht nur auf das bloße Ausmaß der Bindung an; vielmehr ist im Einzelfall die sich aus dem gesamten Vertragsinhalt ergebende Stellung und Rechtslage der Vertragspartner und auch der etwaige Missbrauch der wirtschaftlichen Verhandlungsübermacht eines Beteiligten zu berücksichtigen. Dem tragen die Überlegungen des Berufungsgerichts Rechnung, das die Bindung des Erstbeklagten nur unter Hinweis auf die sonstige Ausgestaltung des Vertrags als gröblich benachteiligend wertete und dabei insbesondere auf den geringen Grundlohn des Erstbeklagten, auf seine langen Dienstzeiten und auf den Umstand verwies, dass er ungeachtet der langen Dienstzeiten keine Möglichkeit gehabt habe, auf sein tatsächliches Gehalt Einfluss zu nehmen und so ein existenzielles Mindestmaß zu erreichen, weil er in hohem Ausmaß von äußeren Faktoren abhängig gewesen sei, die an sich ausschließlich dem unternehmerischen Risiko zuzuordnen seien. Insbesondere im Winter sei dem Beklagten nach der konkreten Vertragsgestaltung trotz sehr langer Arbeitszeit nur ein "kümmerliches Bruttoeinkommen" verblieben.