03.03.2011 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Unberechtigter Austritt - zur Haftung des neuen Arbeitgebers nach § 86 GewO 1859

Den neuen Arbeitgeber trifft keine Erkundigungspflicht hinsichtlich eines noch etwa bestehenden aufrechten Arbeitsverhältnisses seines Arbeitnehmers zu einem anderen Arbeitgeber; wenn der alte Arbeitgeber ein solches Arbeitsverhältnis behauptet, der Arbeitnehmer dieses aber in Abrede stellt, hat der neue Arbeitgeber keine seine Haftung nach § 86 GewO begründende Kenntnis


Schlagworte: Unberechtigter Austritt, Haftung des neuen Arbeitgebers, Kenntnis
Gesetze:

§ 86 GewO

GZ 8 ObA 27/10v, 25.01.2011

OGH: Nach der heute völlig hA wird auch im Anwendungsbereich des § 1162a ABGB das Arbeitsverhältnis durch einen - auch unberechtigten - Austritt beendet. Daraus leitete das Berufungsgericht ab, dass - gegen den Wortlaut des § 86 GewO 1859 - eine Haftung des neuen Arbeitgebers nur deshalb weil er - iSd 3. Tatbestands dieser Norm - den Arbeiter in Kenntnis des unberechtigten Austritts "in Arbeit behält" nicht mehr stattfindet, zumal der neue Arbeitgeber damit in das nach heutiger Auffassung bereits beendete Arbeitsverhältnis nicht mehr eingreift. Ob diese Rechtsauffassung zutrifft, braucht aber hier nicht abschließend beurteilt zu werden: Nach der Entscheidung 5 Ob 250/69 vermittelt nämlich dann, wenn der Arbeitnehmer bestreitet, unberechtigt ausgetreten zu sein, die bloße gegenteilige Mitteilung des bisherigen Arbeitgebers keine die Haftung nach § 86 GewO begründende Kenntnis des neuen Arbeitgebers. Da hier der Erstbeklagte behauptet hatte, er sei entlassen worden, reicht iS dieser Auffassung, von der abzugehen keine Veranlassung besteht, die Darstellung der Klägerin, der Erstbeklagte sei unberechtigt ausgetreten, für die Annahme einer haftungsbegründenden Kenntnis der Zweit- und Drittbeklagten vom Austritt nicht aus. Eine Verpflichtung des neuen Arbeitgebers, sich über die Richtigkeit der unterschiedlichen Darstellungen zu erkundigen, hat der OGH in der zitierten Entscheidung verneint. Darüber hinaus löste hier die Zweitbeklagte das Arbeitsverhältnis zum Erstbeklagten ohnehin bereits 10 Tage nach der Mitteilung der Klägerin auf, daher sogar noch vor Ablauf der gem § 1159b ABGB einzuhaltenden Kündigungsfrist, von deren Anwendbarkeit mangels gegenteiligen Vorbringens auszugehen ist. Dass es sich bei der Beendigung des neuen Arbeitsverhältnisses nur um eine "Scheinummeldung" gehandelt habe, ist durch Tatsachenfeststellungen nicht gedeckt. Vor diesem Hintergrund ist die vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht, dass hier keiner der Tatbestände des § 86 GewO 1859 erfüllt ist, im konkret zu beurteilenden Einzelfall keinesfalls unvertretbar.